Die ICF ist für die Kodierung verschiedener Gesundheits- und mit Gesundheit zusammenhängenden Zustände vorgesehen.20 Anwendern wird dringend empfohlen, vor dem Studium der Kodierungsregeln und -leitlinien die Einführung in die ICF zu lesen. Darüber hinaus wird dringend geraten, dass sich Anwender im Gebrauch der Klassifikation durch die WHO und ihre Collaborating Centres schulen lassen.
Die folgenden Merkmale der Klassifikation sind für ihren Gebrauch von Bedeutung.
Die ICF besteht aus zwei Teilen.
Teil 1 umfasst die folgenden Komponenten:
Teil 2 umfasst die folgenden Komponenten:
Diese Komponenten werden für jeden Kode mit einem Präfix gekennzeichnet.
Das Präfix d bezeichnet die Domänen innerhalb der Komponente der Aktivitäten und Partizipation. Es ist dem Anwender überlassen, das Präfix d durch a oder p zu ersetzen, um Aktivitäten bzw. Partizipation zu bezeichnen.
Den Buchstaben b, s, d und e folgt ein numerischer Kode, der mit der Nummer des Kapitels beginnt (eine Ziffer), gefolgt von der zweiten Ebene (zwei Ziffern) sowie der dritten und vierten Ebene21 (jeweils eine Ziffer). Zum Beispiel gibt es in der Klassifikation der Körperfunktionen diese Kodes:
b2 | Sinnesfunktionen und Schmerz | Item der ersten Ebene |
b210 | Funktionen des Sehens (Sehsinn) | Item der zweiten Ebene |
b2102 | Qualität des Sehvermögens | Item der dritten Ebene |
b21022 | Kontrastempfindung | Item der vierten Ebene |
Abhängig von den Bedürfnissen des Anwenders kann jede Zahl eines anwendbaren Kodes auf jeder Ebene verwendet werden. Um die Situation eines Individuums zu beschreiben, kann mehr als ein Kode auf jeder Ebene angewandt werden. Diese können unabhängig voneinander sein oder miteinander in Beziehung stehen.
Dem Gesundheitszustand einer Person kann mit der ICF eine Reihe von Kodes über alle Domänen der Komponenten der Klassifikation zugeordnet werden. Für jede Anwendung beträgt die maximale Anzahl verfügbarer Kodes 34 auf Kapitelebene (8 für Kodes der Körperfunktionen, 8 für die der Körperstrukturen, 9 für die der Leistung und 9 für die der Leistungsfähigkeit) und 362 auf der zweiten Ebene. Auf der dritten und vierten Ebene gibt es bis zu 1424 verfügbare Kodes, die zusammen die Vollversion der Klassifikation bilden. In praktischen Anwendungen der ICF dürfte eine Anzahl von 3 bis 18 Kodes angemessen sein, um einen Fall mit der Genauigkeit der zweiten Ebene (drei Ziffern) zu beschreiben. Im Allgemeinen ist die stärker detaillierte 4-Ebenen-Version für Spezialaufgaben (z.B. Rehabilitationsergebnisse, Geriatrie oder geistig-seelische Gesundheit) vorgesehen, und die 2-Ebenen-Klassifikation kann für Erhebungen und die Evaluation von Leistungen im Gesundheitswesen verwendet werden.
Die Domänen sollten so kodiert werden, wie sie zu einem gegebenen Augenblick anwendbar sind (das heißt als eine Schnappschuss-Beschreibung bei einem Anlass). Dies ist die Standardsituation. Jedoch ist die Anwendung über einen Zeitraum ebenfalls möglich, um den Verlauf oder einen Prozess zu beschreiben. In diesem Fall sollten Anwender ihre Art der Kodierung und das Zeitfenster, das sie verwenden, definieren.
Jede Komponente der Klassifikation ist in Kapitel und Domänenüberschriften eingeteilt, unter denen gemeinsame Kategorien oder spezifische Items aufgelistet sind. So befasst sich zum Beispiel das Kapitel 1 der Klassifikationen der Körperfunktionen mit allen mentalen Funktionen.
Oft sind die Kapitel in "Blöcke" von Kategorien unterteilt. So gibt es zum Beispiel im Kapitel 3 der Klassifikation der Aktivitäten und Partizipation (Kommunikation) drei Blöcke: Kommunizieren als Empfänger (d310-d329), Kommunizieren als Sender (d330-d349) sowie Konversation und Gebrauch von Kommunikationsgeräten und -techniken (d350-d369). Blöcke wurden zur einfacheren Handhabung für den Anwender gebildet. Sie sind jedoch genau genommen nicht Teil der Struktur der Klassifikation und werden in der Regel nicht zu Kodierungszwecken benutzt.
Innerhalb eines Kapitels gibt es einzelne Kategorien der zweiten, dritten oder vierten Ebene. Jede ist mit einer kurzen Definition sowie mit Ein- und Ausschlüssen versehen, um dem Anwender zu helfen, den geeigneten Kode auszuwählen.
Die ICF enthält operationale Definitionen für Gesundheits- und mit Gesundheit zusammenhängende Kategorien, im Gegensatz zu umgangs- oder laiensprachlichen Definitionen. Diese Definitionen beschreiben die wesentlichen Merkmale jeder Domäne (das heißt Qualitäten, Eigenschaften und Beziehungen), und sie enthalten Informationen darüber, was in jeder Kategorie ein- bzw. ausgeschlossen ist. Die Definitionen enthalten auch üblicherweise verwendete Schlüsselbegriffe für Assessments, für die Anwendung in Erhebungen und Fragebögen, oder alternativ, für die Ergebnisse aus Anwendungen von Assessment-Instrumenten, die in Begriffen der ICF kodiert werden. So sind zum Beispiel die Sehschärfe (Visus) betreffende Funktionen definiert als beidäugige (binokular) und einäugige (monokular) Wahrnehmung im Nah- und Fernbereich, sodass der Schweregrad eines Problems der Sehschärfe mit "nicht vorhanden", "leicht", "mäßig", "erheblich" oder "voll" ausgeprägt kodiert werden kann.
Für viele Kategorien sind die eingeschlossenen Sachverhalte nach der Definition angegeben. Sie sind als Richtschnur für den Inhalt einer Kategorie gedacht und nicht erschöpfend. Die eingeschlossenen Sachverhalte bei Items der zweiten Ebene umfassen alle zugehörigen Items der dritten Ebene.
Ausgeschlossene Sachverhalte werden dann angegeben, wenn wegen der Ähnlichkeit zu anderen Begriffen sich die Anwendung als schwierig erweisen könnte. Zum Beispiel könnte angenommen werden, dass die Kategorie "Die Toilette benutzen" die Kategorie "Seine Körperteile pflegen" einschließt. Um die beiden Kategorien zu unterscheiden, wird deshalb "Die Toilette benutzen" (d530) aus der Kategorie "Seine Körperteile pflegen" (d520) ausgeschlossen.
Am Ende jeder Gruppe von Items der dritten und vierten Ebene sowie am Schluss jedes Kapitels gibt es Kategorien "anders bezeichnet", (die eindeutig mit der Schlussziffer 8 gekennzeichnet sind). Diese ermöglichen es, Aspekte der Funktionsfähigkeit zu kodieren, die unter keiner spezifischen Kategorie genannt sind. Wenn "anders bezeichnet" verwendet wird, dann sollte der Anwender das neue Item in einer zusätzlichen Liste spezifizieren.
Die letzten Kategorien jeder Gruppe von Items der dritten und vierten Ebene sowie am Schluss jedes Kapitels sind die Kategorien "nicht näher bezeichnet". Sie ermöglichen es, Funktionen zu kodieren, die zu der Gruppe gehören, für die jedoch nur unzureichende Informationen vorliegen, um eine spezifischere Kategorie zu verwenden. Dieser Kode hat dieselbe Bedeutung wie die unmittelbar vorausgehenden Items der zweiten oder dritten Ebene jedoch ohne zusätzliche Information (für Blöcke sind die Kategorien "anders bezeichnet" und "nicht näher bezeichnet" zu einem einzigen Item zusammengefasst, und sie sind eindeutig mit der Schlussziffer 9 gekennzeichnet).
Die ICF-Kodes erfordern die Verwendung mindestens eines Beurteilungsmerkmals, die zum Beispiel die Höhe des in Frage stehenden Gesundheitsniveaus oder die Schwere des Problems kennzeichnen. Beurteilungsmerkmale werden mit einer, zwei oder mehr Ziffern nach einem Punkt kodiert. Jeder verwendete Kode sollte mit mindestens einem Beurteilungsmerkmal ergänzt werden. Ohne Beurteilungsmerkmale haben Kodes keine inhärente Bedeutung (unvollständige Kodes werden von der WHO grundsätzlich als Nichtvorhandensein eines Problems interpretiert – xxx.00).
Das erste Beurteilungsmerkmal für Körperfunktionen und –strukturen, das Beurteilungsmerkmal der Leistung und das der Leistungsfähigkeit für Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] und das erste Beurteilungsmerkmal für die Umweltfaktoren beschreiben alle das Ausmaß eines Problems im Hinblick auf die entsprechende Komponente.
Alle Komponenten werden mit derselben allgemeinen Skala quantifiziert. "Ein Problem zu haben" kann je nach Konstrukt eine Schädigung, eine Einschränkung, eine Beeinträchtigung oder Barriere bedeuten. Es sollten geeignete qualifizierende Wörter, wie sie unten in Klammern aufgeführt sind, im Hinblick auf die relevante Domäne der Klassifikation gewählt werden (wobei "xxx" für die Nummer der Domäne der zweiten Ebene steht).
Kode | Bezeichnung (Klassentitel) | geeignete Bezeichnungen | Ausmaß des Problems in Prozent |
---|---|---|---|
xxx.0 | Problem nicht vorhanden | ohne, kein, unerheblich ... | 0-4% |
xxx.1 | Problem leicht ausgeprägt | schwach, gering ... | 5-24% |
xxx.2 | Problem mäßig ausgeprägt | mittel, ziemlich ... | 25-49% |
xxx.3 | Problem erheblich ausgeprägt | hoch, äußerst ... | 50-95% |
xxx.4 | Problem voll ausgeprägt | komplett, total ... | 96-100% |
xxx.8 | nicht spezifiziert | unbesetzt | unbesetzt |
xxx.9 | nicht anwendbar | unbesetzt | unbesetzt |
Für die Fälle, in denen kalibrierte Assessmentinstrumente oder andere Standards zur Quantifizierung einer Schädigung, Einschränkung der Leistungsfähigkeit, eines Leistungsproblems oder einer Barriere bzw. eines Förderfaktors der Umwelt zur Verfügung stehen, werden breite Prozentbereiche angegeben. Wenn zum Beispiel "nicht vorhanden" oder "voll ausgeprägt" kodiert wird, hat diese Skalierung eine Fehlertoleranzgrenze von bis zu 5%. "Mäßig ausgeprägt" ist definiert als höchstens der halbe Skalenwert des von "voll ausgeprägt". Die Prozentwerte müssen für die unterschiedlichen Domänen als Perzentile mit Bezug auf Bevölkerungsstandards kalibriert werden. Um diese Quantifizierung einheitlich benutzen zu können, müssen Assessmentverfahren durch Forschung entwickelt werden.
Bei der Komponente der Umweltfaktoren kann das erste Beurteilungsmerkmal auch dazu verwendet werden, das Ausmaß der positiven Aspekte der Umwelt oder Förderfaktoren anzugeben. Zur Angabe von Förderfaktoren dient dieselbe Skala von 0 bis 4, der Punkt wird jedoch durch das Plus-Zeichen (+) ersetzt, z.B. e110+2. Umweltfaktoren können entweder (1) im Zusammenhang mit jeder Komponente oder (2) ohne Bezugnahme auf eine Komponente kodiert werden (siehe unten, Abschnitt 3). Die erste Möglichkeit ist vorzuziehen, weil sie Einfluss und Zuordnung besser identifiziert.
Für verschiedene Anwender könnte es nützlich und hilfreich sein, der Kodierung jedes Items andere Arten von Information hinzuzufügen. Wie unten erläutert wird, gibt es eine Vielzahl zusätzlicher Beurteilungsmerkmale, die verwendet werden können.
Es ist dem Anwender überlassen, Kodierungsskalen zu entwickeln, welche die positiven Aspekte der Funktionsfähigkeit erfassen.
Die folgenden Regeln sind wesentlich für die korrekte Informationsgewinnung zu den verschiedenen Anwendungsbereichen der Klassifikation.
Die ICF klassifiziert Gesundheits- und mit Gesundheit zusammenhängende Zustände und erfordert daher die Zuordnung einer Folge von Kodes, die das Profil der Funktionsfähigkeit einer Person am besten beschreibt. Die ICF ist keine "Ereignis-Klassifikation" wie die ICD-10, in der ein bestimmtes Gesundheitsproblem mit einem einzigen Kode klassifiziert ist. Da bei der Funktionsfähigkeit die Ebene des Körpers und des Individuums sowie die gesellschaftliche Ebene betroffen sein kann, sollte der Anwender immer alle Komponenten der Klassifikation in Betracht ziehen, also Körperfunktionen und -strukturen, Aktivitäten und Partizipation sowie Umweltfaktoren. Da die Annahme nicht praxisgerecht ist, auf jeden Untersuchungsfall alle möglichen Kodes zu verwenden, werden Anwender in Abhängigkeit von den Umständen der Untersuchung die für ihre Zwecke wichtigsten Kodes zur Beschreibung der gesundheitlichen Sachverhalte auswählen.
Kodierte Informationen stehen immer im Zusammenhang mit einem Gesundheitsproblem. Obwohl die Anwendung der Kodes nicht notwendigerweise bedeutet, die Verknüpfung zwischen dem Gesundheitsproblem und den kodierten Aspekten der Funktionsfähigkeit und Behinderung nachzuzeichnen, ist die ICF eine Gesundheitsklassifikation, und deshalb wird irgendeine Art von Gesundheitsproblem vorausgesetzt. Aus diesem Grund stehen Informationen über die Entscheidung einer Person darüber, was sie tut und was nicht, nicht im Zusammenhang mit einem gesundheitsbedingten Problem der Funktionsfähigkeit und sollten nicht kodiert werden. Wenn sich zum Beispiel eine Person aus anderen als gesundheitlichen Gründen dazu entscheidet, keine neue Beziehung mit ihren Nachbarn einzugehen, dann ist es ungeeignet, die Kategorie d7200 zu verwenden, welche die Handlungen einschließt, Beziehungen aufzubauen. Wenn umgekehrt die Entscheidung der Person mit einem Gesundheitsproblem verknüpft ist (z.B. Depression), dann sollte der Kode benutzt werden.
Informationen, die das Gefühl des Einbezogenseins einer Person oder ihre Zufriedenheit über das Niveau ihrer Funktionsfähigkeit widerspiegeln, sind gegenwärtig nicht in der ICF kodiert. Weitere Forschungen können zu zusätzlichen Beurteilungsmerkmalen führen, die es ermöglichen, diese Informationen zu kodieren.
Es sollten nur solche Aspekte der Funktionsfähigkeit einer Person kodiert werden, die für einen zuvor definierten Zeitrahmen relevant sind. Aspekte, die sich auf eine frühere Beurteilung beziehen und nicht auf die gegenwärtige Beurteilung ausstrahlen, sollten nicht aufgezeichnet werden.
Wenn Kodes zugeordnet werden, sollte der Anwender keine Schlussfolgerungen über den wechselseitigen Zusammenhang zwischen einer Schädigung von Körperfunktionen oder strukturen, Beeinträchtigungen der Aktivität oder Beeinträchtigungen der Partizipation [Teilhabe] ziehen. Wenn zum Beispiel eine Person eine Einschränkung in der Fortbewegung hat, ist die Annahme ungerechtfertigt, dass die Person eine Schädigung der bewegungsbezogenen Funktionen aufweist. Es ist ähnlich ungerechtfertigt, aus der Tatsache, dass eine Person in ihrer Leistungsfähigkeit, sich fortzubewegen, eingeschränkt ist, zu schlussfolgern, dass sie ein Leistungsproblem hat, sich fortzubewegen. Der Anwender muss getrennt über explizite Informationen zu Körperfunktionen und -strukturen sowie zur Leistungsfähigkeit und Leistung verfügen (in einigen Fällen, wie zum Beispiel bei mentalen Funktionen, ist eine Schlussfolgerung aus anderen Beobachtungen erforderlich, weil die fraglichen Körperfunktionen nicht direkt beobachtbar sind).
Gesundheits- und mit Gesundheit zusammenhängende Zustände sollten so spezifisch wie möglich angegeben werden, indem die am besten geeignete ICF-Kategorie zugeordnet wird. Zum Beispiel ist der spezifischste Kode für eine Person mit Nachtblindheit der Kode b21020 "Lichtempfindung (Lichtsinn)". Wenn jedoch aus einem Grund dieser Detaillierungsgrad nicht angewandt werden kann, kann statt dessen der entsprechende "Eltern-Kode" in der Hierarchie verwendet werden (in diesem Fall b2102 "Qualität des Sehvermögens", b210 "Funktionen des Sehens (Sehsinn)" oder b2 "Sinnesfunktionen und Schmerz").
Um leicht und schnell einen geeigneten Kode zu ermitteln, wird dringend empfohlen, den ICF-Browser22 zu verwenden, der mit einer Suchmaschinenfunktion mit einem elektronischen Index der Vollversion der Klassifikation ausgestattet ist. Alternativ kann der alphabetische Index verwendet werden.
Zur Kodierung der Umweltfaktoren stehen drei Kodierungskonventionen zur Verfügung:
Umweltfaktoren werden für sich kodiert, ohne dass diese Kodes Bezug nehmen auf Körperfunktionen, Körperstrukturen oder Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe].
Umweltfaktoren werden für jede Komponente kodiert
Umweltfaktoren werden für die Beurteilungsmerkmale der Leistungsfähigkeit und Leistung für jedes Item der Komponente der Aktivitäten und Partizipation kodiert.
Körperfunktionen sind die physiologischen Funktionen von Körpersystemen (einschließlich psychologische Funktionen). Schädigungen sind Beeinträchtigungen einer Körperfunktion oder -struktur wie eine wesentliche Abweichung oder ein Verlust.
Körperfunktionen werden mit einem Beurteilungsmerkmal, der das Ausmaß oder den Umfang der Schädigung angibt, kodiert. Eine bestehende Schädigung kann als ein Verlust oder Mangel, eine Schwäche, als zusätzlich oder im Übermaß vorhanden oder als Abweichung bestimmt werden.
Die Schädigung einer Person mit Hemiparese kann mit dem Kode b7302 "Kraft der Muskeln einer Körperhälfte" beschrieben werden:
Eine bestehende Schädigung kann mit dem allgemeinen Beurteilungsmerkmal nach ihrer Schwere skaliert werden. Zum Beispiel:
Kode | Bezeichnung (Klassentitel) | Ausmaß der Schädigung in Prozent |
---|---|---|
b7302.1 | leicht ausgeprägte Schädigung der Kraft der Muskeln einer Körperhälfte | 5-24% |
b7302.2 | mäßig ausgeprägte Schädigung der Kraft der Muskeln einer Körperhälfte | 25-49% |
b7302.3 | erheblich ausgeprägte Schädigung der Kraft der Muskeln einer Körperhälfte | 50-95% |
b7302.4 | voll ausgeprägte Schädigung der Kraft der Muskeln einer Körperhälfte | 96-100% |
Ist eine Schädigung nicht vorhanden (in Bezug auf ein vorgegebenes Grenzniveau), wird dies mit dem Wert "0" für das allgemeine Beurteilungsmerkmal angegeben. Zum Beispiel:
Wenn nur unzureichende Informationen zur Spezifizierung der Schwere einer Schädigung vorliegen, dann sollte der Wert "8" verwendet werden. Wenn zum Beispiel aus den Aufzeichnungen zur Gesundheit einer Person ohne weitere Einzelheiten nur hervorgeht, dass sie unter Schwäche der Kraft der Muskeln einer Körperhälfte leidet, dann kann der folgende Kode angegeben werden:
Es kann Situationen geben, in denen es unpassend ist, einen bestimmten Kode anzuwenden. Zum Beispiel ist der Kode b650 "Menstruationsfunktionen" bei Frauen bis zu bzw. jenseits eines bestimmten Alters (Prämenstruationsphase oder Post-Menopause) nicht anwendbar. Für diese Fälle wird der Wert "9" verwendet:
Die Klassifikationen der Körperfunktionen und der Körperstrukturen sind parallel aufgebaut. Wenn ein Kode der Körperfunktionen verwendet wird, sollte der Anwender prüfen, ob ein entsprechender Kode der Körperstrukturen anwendbar ist. Zum Beispiel enthalten die Körperfunktionen die grundlegenden menschlichen Sinne wie b210-b229 "Seh- und verwandte Funktionen". Ihre strukturellen Korrelate erscheinen zwischen s210 und s230 als "das Auge und verwandte Strukturen".
Schädigungen können andere Schädigungen nach sich ziehen; zum Beispiel können Schädigungen der Muskelkraft bewegungsbezogene Funktionen schädigen, Herzfunktionen können im Zusammenhang mit Atmungsfunktionen stehen und Wahrnehmungsfunktionen mit Denkfunktionen.
Für jene Schädigungen, die nicht immer direkt beobachtet werden können (z.B. mentale Funktionen), kann der Anwender die Schädigung aus der Beobachtung des Verhaltens ableiten. Zum Beispiel kann im klinischen Rahmen "Gedächtnis" mittels standardisierter Tests beurteilt werden, und obwohl es nicht möglich ist, Gehirnfunktionen tatsächlich zu beobachten, kann in Abhängigkeit von den Ergebnissen dieser Tests die Annahme begründet sein, dass die mentale Funktion des Gedächtnisses geschädigt ist.
Körperstrukturen sind anatomische Teile des Körpers, wie Organe, Gliedmaßen und ihre Bestandteile. Schädigungen sind Beeinträchtigungen einer Körperfunktion oder -struktur, wie z.B. eine wesentliche Abweichung oder ein Verlust.
Körperstrukturen werden mit drei Beurteilungsmerkmalen kodiert. Das erste Beurteilungsmerkmal beschreibt Ausmaß oder Umfang der Schädigung, das zweite Beurteilungsmerkmal wird zur Angabe der Art der Veränderung verwendet und das dritte Beurteilungsmerkmal bezeichnet die Lokalisation der Schädigung.
In Tabelle 1 sind die Schemata für die drei Beurteilungsmerkmale beschrieben.
Kode | Erstes Beurteilungsmerkmal Ausmaß der Schädigung |
Zweites Beurteilungsmerkmal Art der Schädigung |
Drittes Beurteilungsmerkmal Lokalisation der Schädigung |
---|---|---|---|
0 | Schädigung nicht vorhanden | keine Veränderung | mehr als eine Region |
1 | Schädigung leicht ausgeprägt | nicht vorhanden | rechts |
2 | Schädigung mäßig ausgeprägt | teilweise nicht vorhanden | links |
3 | Schädigung erheblich ausgeprägt | zusätzlicher Teil | beidseitig |
4 | Schädigung voll ausgeprägt | von der üblichen Form abweichend (aberrant) | frontal |
5 | unbesetzt | Diskontinuität | dorsal |
6 | unbesetzt | abweichende Lage | proximal |
7 | unbesetzt | qualitative Strukturveränderung, einschließlich Ansammlung von Flüssigkeit | distal |
8 | nicht spezifiziert | nicht spezifiziert | nicht spezifiziert |
9 | nicht anwendbar | nicht anwendbar | nicht anwendbar |
Eine Aktivität ist die Durchführung einer Aufgabe oder Handlung durch ein Individuum. Partizipation [Teilhabe] ist das Einbezogensein in eine Lebenssituation. Beeinträchtigungen der Aktivität sind Schwierigkeiten, die ein Individuum bei der Durchführung einer Aktivität haben kann. Beeinträchtigungen der Partizipation [Teilhabe] sind Probleme, die ein Individuum beim Einbezogensein in eine Lebenssituation erlebt.
Die Klassifikation der Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] besteht aus einer einzigen Liste von Domänen.
Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] werden mit zwei Beurteilungsmerkmalen kodiert: dem Beurteilungsmerkmal für Leistung, das die erste Stelle hinter dem Punkt belegt, und dem Beurteilungsmerkmal für Leistungsfähigkeit, das an zweiter Stelle hinter dem Punkt steht. Der Kode, der die Kategorie aus der Liste der Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] benennt, und die zwei Beurteilungsmerkmale bilden die standardmäßige Informationsmatrix.
Das Beurteilungsmerkmal für Leistung beschreibt, was ein Individuum in seiner gegenwärtigen, tatsächlichen Umwelt tut. Weil die gegenwärtige, tatsächliche Umwelt den gesellschaftlichen Kontext enthält, kann "Leistung", wie sie durch dieses Beurteilungsmerkmal dokumentiert wird, verstanden werden als "Einbezogensein in eine Lebenssituation" oder "gelebte Erfahrung" von Menschen in dem aktuellen Kontext, in dem sie leben. Dieser Kontext enthält die Umweltfaktoren, d.h. alle Aspekte der materiellen, sozialen und einstellungsbezogenen Welt. Diese Merkmale der gegenwärtigen, tatsächlichen Umwelt können mit der Klassifikation der Umweltfaktoren kodiert werden.
Das Beurteilungsmerkmal für Leistungsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit eines Individuums, eine Aufgabe oder eine Handlung durchzuführen. Dieses Konstrukt zielt darauf ab, das höchst mögliche Niveau der Funktionsfähigkeit zum Ausdruck zu bringen, das eine Person in einer bestimmten Domäne zu einem gegebenen Zeitpunkt erreichen kann. Um die volle Leistungsfähigkeit des Individuums beurteilen zu können, benötigt man eine "standardisierte" Umwelt zur Ausschaltung der variierenden Einflüsse der verschiedenen Umweltbedingungen auf die Leistungsfähigkeit des Individuums. Die standardisierte Umwelt kann sein: (a) eine tatsächliche Umwelt, wie sie üblicherweise zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit im Rahmen von Tests verwendet wird; (b) sofern dies nicht möglich ist, eine hypothetische Umwelt, von der angenommenen wird, dass sie einen einheitlichen Einfluss ausübt. Diese Umwelt kann "einheitliche" oder "Standard-"Umwelt genannt werden. Daher spiegelt das Konstrukt der Leistungsfähigkeit das umweltadjustierte Leistungsvermögen des Individuums wider. Die Adjustierung muss dieselbe für alle Menschen in allen Ländern sein, um internationale Vergleiche zu ermöglichen. Um genau zu sein, können die Eigenschaften der einheitlichen oder Standard-Umwelt mit der Komponente der Umweltfaktoren kodiert werden. Der Unterschied zwischen Leistungsfähigkeit und Leistung spiegelt die Differenz zwischen den Einflüssen der üblichen und der einheitlichen Umwelt wider und stellt deshalb nützliche Anhaltspunkte dar zur Beantwortung der Frage, was an der Umwelt des Individuums verändert werden kann, um die Leistung des Individuums zu verbessern.
Typischerweise wird das Beurteilungsmerkmal für Leistungsfähigkeit ohne Berücksichtigung von Hilfen verwendet, um die wahre Leistungsfähigkeit eines Individuums zu beschreiben, ohne dass diese durch ein technisches Hilfsmittel oder eine personelle Assistenz erhöht wird. Da sich das Beurteilungsmerkmal für Leistung auf die übliche Umwelt eines Individuums bezieht, kann die Verwendung von technischen Hilfen oder personeller Assistenz oder das Vorhandensein von Barrieren direkt beobachtet werden. Die Art des Förderfaktors oder der Barriere kann mit der Klassifikation der Umweltfaktoren beschrieben werden.
Das dritte und vierte (optionale) Beurteilungsmerkmal gibt den Anwendern die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit mit technischen Hilfen/Assistenz sowie die Leistung ohne technische Hilfen/Assistenz zu beschreiben.
Die fünfte Stelle ist für noch zu entwickelnde Beurteilungsmerkmale reserviert, wie z.B. für Einbezogensein oder subjektive Zufriedenheit.
Darüber hinaus können die Beurteilungsmerkmale für Leistungsfähigkeit und Leistung sowohl unter Berücksichtigung als auch ohne Berücksichtigung von Hilfsmitteln oder personeller Assistenz verwendet werden. Hierzu dient die folgende Skala zur Problembeschreibung (wobei "xxx" für die Domänennummer der zweiten Ebene steht):
Jedes Beurteilungsmerkmal kann für jede der aufgelisteten Domänen verwendet werden. In jedem der beiden Fälle unterscheidet sich jedoch die vermittelte Information. Wenn beide Beurteilungsmerkmale benutzt werden, ist das Ergebnis eine Aggregation von zwei Konstrukten, z.B.:
Wenn nur ein Beurteilungsmerkmal verwendet wird, dann sollte die nicht benutzte Stelle nicht mit .8 oder .9 ausgefüllt, sondern leer gelassen werden; denn diese beiden Werte sind tatsächliche Beurteilungen, und dies würde bedeuten, dass beide Beurteilungsmerkmale verwendet worden sind.
Für das Beurteilungsmerkmal für Leistung bezieht sich diese Domäne darauf, dass sich eine Person in ihrer gegenwärtigen, tatsächlichen Umwelt zu Fuß für weniger als einen Kilometer auf unterschiedlichen Oberflächen und unter verschiedenen Bedingungen fortbewegt, unter Verwendung einer Gehstütze, eines Gehwagens oder anderer Hilfsmittel. Zum Beispiel kann die Leistung einer Person, die durch einen Arbeitsunfall ein Bein verloren hat und seitdem eine Gehstütze benutzt, sich aber wegen der sehr steilen und glatten Beschaffenheit der Bürgersteige in der Nachbarschaft mäßigen Schwierigkeiten beim Gehen gegenüber sieht, wie folgt kodiert werden:
Für das Beurteilungsmerkmal für Leistungsfähigkeit bezieht sich diese Domäne auf die Fähigkeit einer Person, sich ohne Hilfsmittel oder Assistenz zu Fuß fortzubewegen. Um die unterschiedlichen Einflüsse der verschiedenen Umweltbedingungen auszuschalten, kann diese Fähigkeit in einer "standardisierten" Umwelt beurteilt werden. Die standardisierte Umwelt kann sein: (a) eine tatsächliche Umwelt, wie sie üblicherweise zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit im Rahmen von Tests verwendet wird; (b) sofern dies nicht möglich ist, eine hypothetische Umwelt, von der angenommenen wird, dass sie einen einheitlichen Einfluss ausübt. Zum Beispiel wird die tatsächliche Leistungsfähigkeit der oben genannten Person, in einer standardisierten Umwelt (wie in einer mit ebenen und nicht glatten Oberflächen) ohne Gehstütze zu gehen, sehr eingeschränkt sein. Deshalb kann die Leistungsfähigkeit der Person wie folgt kodiert werden:
Anwender, welche die übliche oder standardisierte Umwelt bei der Verwendung des Beurteilungs-merkmals für Leistung bzw. des für Leistungsfähigkeit spezifizieren möchten, sollten die Klassifikation der Umweltfaktoren benutzen (vgl. die Kodierungskonvention 3 für Umweltfaktoren im Abschnitt 3 oben).
Umweltfaktoren bilden die materielle, soziale und einstellungsbezogene Umwelt ab, in der Menschen leben und ihr Dasein entfalten.
Umweltfaktoren sind eine Komponente des Teils 2 (Kontextfaktoren) der Klassifikation. Umweltfaktoren müssen für jede Komponente der Funktionsfähigkeit in Betracht gezogen und im Hinblick auf die drei im obigen Abschnitt 3 beschriebenen Konventionen kodiert werden.
Umweltfaktoren müssen aus der Sicht der Person, deren Situation beschrieben werden soll, kodiert werden. Zum Beispiel können Bordsteinabsenkungen ohne besonderen Belag für einen Rollstuhlfahrer als Förderfaktor, jedoch für eine blinde Person als Barriere kodiert werden.
Das Beurteilungsmerkmal gibt an, in welchem Ausmaß ein Faktor ein Förderfaktor oder eine Barriere ist. Es gibt verschiedene Gründe, warum ein Umweltfaktor ein Förderfaktor oder eine Barriere sein kann und in welchem Ausmaß dies der Fall ist. Im Hinblick auf Förderfaktoren sollte der Kodierer Gegebenheiten wie Zugang zu Ressourcen berücksichtigen und ob er davon abhängt oder damit variiert, dass dessen Qualität gut oder schlecht ist, usw. Im Fall von Barrieren könnte es wichtig sein, wie oft ein Faktor eine Person behindert, ob das Hindernis groß oder klein ist oder ob es vermeidbar ist oder nicht. Es sollte auch bedacht werden, dass ein Umweltfaktor eine Barriere deshalb darstellt, weil er vorhanden ist (z.B. negative Einstellungen gegenüber Menschen mit Behinderungen) oder weil er nicht vorhanden ist (z.B. Nichtverfügbarkeit eines benötigten Dienstes). Die Effekte, die Umweltfaktoren auf das Leben von Menschen mit Gesundheitsproblemen haben, sind vielfältig und komplex. Es ist zu hoffen, dass zukünftige Forschung zu einem besseren Verständnis dieser Wechselwirkung führen und möglicherweise die Nützlichkeit eines zweiten Beurteilungsmerkmals zeigen wird.
Die folgende negative und positive Skala bezeichnet das Ausmaß, zu welchem ein Umweltfaktor als Barriere oder Förderfaktor wirkt:
20 Die Krankheit selbst sollte nicht kodiert werden. Dies kann mit der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision (ICD-10) getan werden. Diese Klassifikation wurde für die systematische Dokumentation, Analyse, Interpretation und Vergleich von Mortalitäts- und Morbiditätsdaten zu Diagnosen von Krankheiten und anderen Gesundheitsproblemen entwickelt. Benutzern der ICF wird vorgeschlagen, diese Klassifikation zusammen mit der ICD-10 zu verwenden (siehe "Einführung" in die ICF zur Überlappung beider Klassifikationen).
21 Nur die Klassifikationen der Körperfunktionen und Körperstrukturen enthalten Items der vierten Ebene.
22 Der ICF-Browser in verschiedenen Sprachen kann von der ICF-Website heruntergeladen werden: http://www.who.int/classification/icf
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