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ICF Version 2005

Anhang 3: Mögliche Verwendungen der Liste der Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe]

Die Komponente der Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] ist eine neutrale Liste von Domänen, die verschiedene Aufgaben oder Handlungen und Lebensbereiche bezeichnen. Jede Domäne enthält Kategorien auf verschiedenen Ebenen, die von allgemeinen zu spezifischeren Begriffen geordnet sind (z.B. enthält die Domäne des Kapitels 4 "Mobilität" Kategorien wie d450 "Gehen" und unter dieser das spezifischere Item d4500 "Kurze Entfernungen gehen"). Die Liste der Domänen der Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] umfasst alle Bereiche der Funktionsfähigkeit, welche jeweils sowohl für die individuellen als auch die sozialen Aspekte kodiert werden können.

Wie in der Einleitung erläutert, kann diese Liste unterschiedlich verwendet werden, um den jeweils spezifischen Gehalt von "Aktivität" und "Partizipation [Teilhabe] " zu bezeichnen. Diese sind in der ICF wie folgt definiert:

Im Kontext von Gesundheit gilt:

Eine Aktivität bezeichnet die Durchführung einer Aufgabe oder Handlung durch ein Individuum.

Partizipation [Teilhabe] ist das Einbezogensein in eine Lebenssituation.

Zur Strukturierung der Beziehung zwischen Aktivitäten (a) und Partizipation [Teilhabe] (p) gibt es vier verschiedene Möglichkeiten zur Verwendung der Liste der Domänen:

(1) Getrennter Satz von Domänen der Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] (keine Überlappung)

Ein bestimmter Satz von Kategorien wird ausschließlich als Aktivitäten kodiert (d.h. Aufgaben oder Handlungen (Aktionen) des Individuums) und ein anderer Satz als Partizipation [Teilhabe] (d.h. Einbezogensein in Lebenssituationen). Diese beiden Sets schließen sich somit gegenseitig aus.

Wird diese Option gewählt, so legt der Anwender oder die Anwenderin die Sätze der Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] fest. Jede Kategorie ist entweder ein Item der Aktivitäten oder der Partizipation [Teilhabe], jedoch nicht beides. Die Domänen können zum Beispiel wie folgt aufgeteilt werden:

Die Grafik zeigt eine der 4 Möglichkeiten zur Strukturierung der Beziehungen zwischen Aktivitäten (a) und Partizipation (p), nämlich den unter 1 beschriebenen getrennten Satz der Domänen. Von den neun Domänen bzw. Kapiteln der Komponente Aktivität und Partizipation  werden die Domänen 1 bis 4 (also Lernen und Wissensanwendung, Allgemeine Aufgaben und Anforderungen, Kommunikation und Mobilität) der Teilkomponente Aktivität zugeordnet und hier mit a1 bis a4 bezeichnet. Die Domänen 5 bis 9 (Selbstversorgung, Häusliches Leben, Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen, Bedeutende Lebensbereiche und Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben) werden der Partizipation (Teilhabe) zugeordnet und mit p5 bis p9 bezeichnet. Es gibt keine Überschneidungen.

Die Kodierung für diese Struktur:

a Kategorie-Kode. ql qf (eine Kategorie als ein Aktivitäts-Item erachtet)

p Kategorie-Kode. ql qf (eine Kategorie als ein Partizipations-Item erachtet)

Wobei ql = Beurteilungsmerkmal für Leistung und qf = Qualifikator für Leistungsfähigkeit. Wenn das Beurteilungsmerkmal für Leistung verwendet wird, ist die Kategorie unabhängig davon, ob es sich um ein Aktivitäts- oder Partizipations-Item handelt, im Sinne des Leistungs-Konstruktes zu interpretieren. Wenn das Beurteilungsmerkmal für Leistungsfähigkeit verwendet wird, ist die Kategorie wiederum unabhängig davon, ob es sich um ein Aktivitäts- oder Partizipations-Item handelt, im Sinne des Konstruktes der Leistungsfähigkeit zu interpretieren.

So wird gewährleistet, dass Option 1 die gesamte Informationsmatrix ohne Redundanzen oder Überlappungen zur Verfügung stellt.

(2) Teilweise Überlappung der Sätze von Domänen der Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe]

Mit dieser Option ist es möglich, einen Satz von Kategorien gleichzeitig als Aktivitäts- und Partizipations-Items zu interpretieren; es wird also angenommen, dass bezüglich der selben Kategorie eine individuelle (d.h. als eine Aufgabe oder Handlung eines Individuums) und eine gesellschaftliche (d.h. als Einbezogensein in Lebenssituationen) Interpretation möglich ist. Zum Beispiel:

Die Grafik zeigt den unter 2 beschriebenen Satz der Domänen mit teilweiser Überlappung. Von den neun Do-mänen bzw. Kapiteln der Komponente Aktivität und Partizipation werden hier die Domänen 1 bis 6 (also Lernen und Wissensanwendung, Allgemeine Aufgaben und Anforderungen, Kommunikation, Mobilität, Selbstversorgung und Häusliches Leben) der Aktivität zugeordnet und mit a1 bis a6 bezeichnet. Die Domänen 3 bis 6 werden gleichzeitig auch wie die Domänen 7 bis 9 (Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen, Bedeutende Lebensbereiche und Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben) der Partizipation (Teilhabe) zugeordnet und mit p3 bis p9 gekennzeichnet. Die Domänen 3 bis 6 sind damit überlappend gleichzeitig beiden Teilkomponenten Aktivität und Partizipation zugeordnet.

Die Kodierung für diese Struktur:

Bei dieser Struktur gibt es eine Einschränkung bezüglich der Kodierung der Kategorien. Es kann nicht möglich sein, dass eine Kategorie im Bereich der Überlappung verschiedene Werte für den gleichen Qualifikator hat (entweder als erstes Beurteilungsmerkmal für Leistung oder als zweites Beurteilungsmerkmal für Leistungsfähigkeit), z.B.:

	Die Abbildung zeigt eine verbotene Kodierung: Für eine Kategorie, die überlappend den Bereichen Aktivität und Partizipation zugeordnet ist, müssen die Beurteilungsmerkmale entweder jeweils identisch sein oder sie dürfen nur jeweils für einen der beiden Bereiche angegeben werden. Dabei wird das nicht angegebene Beurteilungsmerkmal durch einen Unterstrich dargestellt. Zur Kennzeichnung des Bereichs wird dem Kode ein a bzw. ein p, gefolgt von einer Leerstelle, vorangestellt.

Ein Anwender oder eine Anwenderin, welche diese Option wählt, geht davon aus, dass die Kodes im Überlappungsbereich etwas anderes bedeuten, wenn sie als Aktivitäten und nicht als Partizipation [Teilhabe] oder umgekehrt kodiert werden. Dennoch kann für das spezifizierte Beurteilungsmerkmal nur ein Kode in die Informationsmatrix eingetragen werden.

(3) Detaillierte Kategorien als Aktivitäten und allgemeine Kategorien als Partizipation [Teilhabe], mit oder ohne Überlappung

Ein anderer Zugang zur Verwendung der Definitionen von Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] ist die Beschränkung der Verwendung von Partizipation [Teilhabe] auf die allgemeinen und breiteren Kategorien einer Domäne (z.B. auf der ersten Gliederungsebene der Kategorien wie der Kapitelüberschriften) und weist die detaillierteren Kategorien den Aktivitäten zu (z.B. die dritte und vierte Gliederungsebene). Diese Option trennt Kategorien in einigen oder allen Domänen bezüglich der Unterscheidung in allgemein vs. detailliert. Dabei kann der Anwender oder die Anwenderin einige Domänen auch ganz (d.h. alle Gliederungsebenen) als Aktivitäten oder ganz als Partizipation [Teilhabe] interpretieren.

Zum Beispiel kann d4550 "Krabbeln" als Aktivität interpretiert und d455 "Sich auf andere Weise fortbewegen" als Partizipation [Teilhabe] angesehen werden kann.

Es gibt zwei Möglichkeiten im Umgang mit dieser Option: (a) es gibt keine Überlappungen; d.h. wenn ein Item eine Aktivität ist, ist es keine Partizipation [Teilhabe]; oder (b) es gibt Überlappungen, da einige Anwender oder Anwenderinnen möglicherweise die gesamte Liste für Aktivitäten oder die allgemeinen Überschriften der Kapitel für Partizipation [Teilhabe] verwenden.

Die Kodierung für diese Struktur:

Ähnlich wie unter Option (1) und (2)

(4) Verwendung der gleichen Domänen sowohl für Aktivitäten als auch für Partizipation [Teilhabe] mit einer umfänglichen Überlappung der Domänen

Gemäß dieser Option können alle Domänen der Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] sowohl als Aktivitäten als auch als Partizipation [Teilhabe] betrachtet werden. Jede Kategorie kann als individuelle Funktionsfähigkeit (Aktivität) und als gesellschaftliche Funktionsfähigkeit (Partizipation [Teilhabe]) interpretiert werden.

Zum Beispiel kann d330 "Sprechen" sowohl als Aktivität als auch als Partizipation [Teilhabe] betrachtet werden. Eine Person mit fehlenden Stimmbändern kann unter Verwendung von Hilfsmitteln sprechen. Nach Beurteilung dieses Items unter der Verwendung der Qualifikatoren für Leistungsfähigkeit und Leistung hat diese Person:

Erstes Beurteilungsmerkmal:
Mäßig ausgeprägte Schwierigkeit in der Leistung (vielleicht wegen Kontextfaktoren wie Stress oder der Einstellung anderer)
Kodierung: "2"

Zweites Beurteilungsmerkmal:
Erheblich ausgeprägte Schwierigkeit in der Leistungsfähigkeit ohne Hilfsmittel
Kodierung: "3"

Drittes Beurteilungsmerkmal:
Leicht ausgeprägte Schwierigkeit der Leistungsfähigkeit mit Hilfsmittel
Kodierung: "1"

Gemäß der ICF-Informationsmatrix kann die Situation dieser Person wie folgt kodiert werden:

d330.231

Gemäß Option (4) kann diese auch wie folgt kodiert werden:

a330.231
p330.2

Wenn in Option (4) sowohl die Beurteilungsmerkmale für Leistung und Leistungsfähigkeit verwendet werden, ergeben sich zwei Werte für die gleiche Zelle in der ICF-Informationsmatrix: eine für Aktivitäten und eine für Partizipation [Teilhabe]. Wenn diese Werte gleich sind, ergibt sich daraus kein Konflikt, nur Redundanz. Wenn jedoch unterschiedliche Werte ermittelt wurden, muss der Anwender oder die Anwenderin für das Ausfüllen der Informationsmatrix eine Regel entwickeln, da der offizielle Kodierungsstil der WHO der folgende ist:

d Kategorie ql qf

Eine Möglichkeit, um die Redundanz zu überwinden, wäre die Benützung des Beurteilungsmerkmals der Leistungsfähigkeit für die Aktivitäten und des Beurteilungsmerkmals der Leistung für die Partizipation [Teilhabe].

Eine andere Möglichkeit wäre es, zusätzliche Beurteilungsmerkmale für Partizipation [Teilhabe] zu entwickeln, welche das "Einbezogensein in Lebenssituationen" erfassen können.

Es wird erwartet, dass mit der Anwendung der ICF und der Generierung empirischer Daten geklärt werden kann, welche der oben genannten Optionen von welchen Anwendern oder Anwenderinnen bevorzugt wird. Empirische Forschung wird auch zu einer genaueren Operationalisierung der Konzepte von Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] führen. In den kommenden Jahren werden Daten und Erfahrungen zur Verwendung dieser Konzepte in den verschiedensten Bereichen, in verschiedenen Ländern und für verschiedene Zwecke gesammelt werden und zur Weiterentwicklung und Überarbeitung dieses Schemas führen.