Seitenanfang, springe direkt zu:

Nebennavigation: Webseiten-Servicefunktionen:

Kode-Suche und Hauptnavigation:

Inhalt der Seite:

ICF Version 2005

Vorwort zur deutschsprachigen Fassung der ICF

Die "International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF)" ist die Nachfolgerin der "International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps (ICIDH)" von 1980. Sie wurde nach einem mehrjährigen Entwicklungsprozess von der 54. Vollversammlung der WHO, an der auch Vertreter der deutschen und schweizerischen Bundesregierung teilgenommen haben, im Mai 2001 verabschiedet. Das bio-psycho-soziale Modell, das in Ansätzen der ICIDH unterlag, wurde mit der ICF erheblich erweitert und damit der Lebenswirklichkeit Betroffener besser angepasst. Insbesondere wird nun der gesamte Lebenshintergrund der Betroffenen berücksichtigt. In Deutschland wurden mit dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - wesentliche Aspekte der ICF unter Berücksichtigung der historisch gewachsenen und anerkannten Besonderheiten aufgenommen. Bis etwa 2004 will die Schweiz in der praktischen Anwendung, der Entwicklung von Instrumenten und durch konzeptuelle Vergleiche mit bisherigen Systemen Erfahrungen sammeln. Diese Erfahrungen sollen dann die Entscheidung ermöglichen, ob die ICF in den Bereichen Sozialversicherungen, Sozialplanung und Statistik der Behinderungen als obligatorisch zu erklären ist.

Die deutschsprachige Fassung der ICF lautet "Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit". Sie wurde von Fachleuten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erarbeitet. Zu einer öffentlichen Korrektur wurde der Übersetzungsentwurf ins Internet gestellt. Alle Änderungsvorschläge gingen in die abschließende Erörterung des Entwurfs auf der Konsensus-Konferenz am 27. Februar 2002 in Frankfurt am Main ein. An ihr nahmen neben Mitgliedern der Übersetzergruppe auch Vertreter des deutschen Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, der Sozialversicherung, der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, der Deutschen Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter und des DIMDI teil.

Anmerkungen zur Übersetzung: Für den englischen Begriff "functioning" gibt es im Deutschen keine Entsprechung. In Abstimmung mit Österreich und der Schweiz wird er mit "Funktionsfähigkeit" übersetzt. Dieser Begriff sollte nur als klassifikationstechnischer Begriff verwendet werden. Die Übersetzung des englischen Begriff "participation" ist "Teilhabe". Da "Teilhabe" in der Schweiz jedoch eine engere Bedeutung hat als in Deutschland, dieser Begriff in Deutschland jedoch im Sozialrecht eine zentrale Bedeutung hat, ist der englische Originalbegriff mit "Partizipation [Teilhabe]" wiedergegeben. Der englische Begriff "health condition" ist mit dem etwas engeren Begriff "Gesundheitsproblem" übersetzt.

Der Begriff der Funktionsfähigkeit eines Menschen umfasst alle Aspekte der funktionalen Gesundheit. Eine Person ist funktional gesund, wenn - vor dem Hintergrund ihrer Kontextfaktoren -

  1. ihre körperlichen Funktionen (einschließlich des mentalen Bereichs) und Körperstrukturen denen eines gesunden Menschen entsprechen (Konzepte der Körperfunktionen und strukturen),
  2. sie all das tut oder tun kann, was von einem Menschen ohne Gesundheitsproblem (ICD) erwartet wird (Konzept der Aktivitäten),
  3. sie ihr Dasein in allen Lebensbereichen, die ihr wichtig sind, in der Weise und dem Umfang entfalten kann, wie es von einem Menschen ohne gesundheitsbedingte Beeinträchtigung der Körperfunktionen oder -strukturen oder der Aktivitäten erwartet wird (Konzept der Partizipation [Teilhabe] an Lebensbereichen).

Der Behinderungsbegriff der ICF ist der Oberbegriff zu jeder Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eines Menschen. Er ist damit umfassender als der Behinderungsbegriff des SGB IX. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte im Sozialbereich in Deutschland nur der Behinderungsbegriff des SGB IX verwendet werden.

Viele der hier gemachten Aussagen konnten nur auf der Grundlage der Begrifflichkeit und des Modells der ICF formuliert werden und wären auf der Basis der ICIDH von 1980 nicht möglich gewesen. Die Unterschiede zwischen der ICIDH und der ICF können tabellarisch wie folgt zusammengefasst werden:

Unterschiede zwischen ICIDH und ICF
Aspekte ICIDH ICF
Konzept kein übergreifendes Konzept Konzept der funktionalen Gesundheit (Funktionsfähigkeit)
Grundmodell Krankheitsfolgenmodell bio-psycho-soziales Modell der Komponenten von Gesundheit
Orientierung Defizitorientiert: Es werden Behinderungen klassifiziert. Ressourcen- und defizitorientiert:
Es werden Bereiche klassifiziert, in denen Behinderungen auftreten können.
Es können unmittelbar positive und negative Bilder der Funktionsfähigkeit erstellt werden.
Behinderung formaler Oberbegriff zu Schädigungen, Fähigkeitsstörungen und (sozialen) Beeinträchtigungen; keine explizite Bezugnahme auf Kontextfaktoren formaler Oberbegriff zu Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit unter expliziter Bezugnahme auf Kontextfaktoren
grundlegende Aspekte
  • Schädigung
  • Fähigkeitsstörung
  • (soziale) Beeinträchtigung
  • Körperfunktionen und strukturen
    Störungsbegriff: Schädigung (Funktionsstörung, Strukturschaden)
  • Aktivitäten
    Störungsbegriff: Beeinträchtigung der Aktivität
  • Partizipation [Teilhabe]
    Störungsbegriff: Beeinträchtigung der Partizipation [Teilhabe]
soziale Beeinträchtigung Attribut einer Person Partizipation [Teilhabe] und deren Beeinträchtigung definiert als Wechselwirkung zwischen dem gesundheitlichen Problem (ICD) einer Person und ihren Umweltfaktoren
Umweltfaktoren bleiben unberücksichtigt Umweltfaktoren sind integraler Bestandteil des Konzeptes und werden klassifiziert
personbezogene (persönliche) Faktoren werden höchstens implizit berücksichtigt werden explizit erwähnt, aber nicht klassifiziert
Anwendungs-
bereich
nur im gesundheitlichen Kontext

Bei der Übersetzung sind die Beteiligten übereingekommen, aus Gründen der Einfachheit und Lesbarkeit nur die männliche Form zu verwenden. Selbstverständlich ist hierbei die weibliche Form immer mit gemeint.

Die Übersetzung der ICF und ihrer Fassungen im Entwicklungsprozess erfolgte ehrenamtlich und mit großem Engagement. Hierfür sei allen Übersetzerinnen und Übersetzern herzlich gedankt. An der Übersetzung haben mitgewirkt:

Liselotte Archinal-Steyer, Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, Frankfurt am Main;
Dr. med. Ingrid-Ursula Aster-Schenck, Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Berlin;
Dr. med. Holger Aulepp, Klinik Borkum Riff der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Borkum;
Prof. Dr. Ulla Beushausen, Fachhochschule Hildesheim, Hildesheim;
Prof. Samia Bishun, Webster University, Wien;
Sylvia Braun-Frommelt, Schaufling;
Dr. med. Otto Anton Brusis, Albert-Schweitzer-Klinik, Königsfeld;
Prof. Dr. Christian Bühler, Evangelische Stiftung Volmarstein, Forschungsinstitut Technologie - Behindertenhilfe, Wetter/Ruhr;
Dr. med. Wolfgang Cibis, Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, Frankfurt am Main;
Prof. Dr. med. Eberhard Conradi, Charité, Berlin;
Dipl-soz. Dipl. psych. Susanne Döll, Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, Frankfurt am Main;
Dr. med. Rüdiger Doßmann, Reha-Klinik Taubertal der BfA, Bad Mergentheim;
Dr. med. Peter Frommelt, Asklepios Klinik, Schaufling;
Dr. med. Christa Häser, Schwabinger Krankenhaus, München;
Prof. Dr. med. Markus M. Hess, Universitätsklinikum Eppendorf, Abteilung für Hör-, Stimm- und Sprachheilkunde, Hamburg;
Dr. phil. Judith Hollenweger, Pädagogische Hochschule Zürich;
Dr. med. Holger Hoppe, Reha-Zentrum Marzahn GmbH, Berlin;
Dr. med. Elisabeth Hüller, Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, Frankfurt am Main;
Dr. med. Hanno Irle, Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Berlin;
Prof. Dr. med. Wilfried H. Jäckel, Hochrheininstitut für Rehabilitationsforschung, Bad Säckingen;
Prof. Dr. med. Kurt-Alfons Jochheim, Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter, Heidelberg;
Dr. phil. Christiane Meyer-Bornsen, Neurologisches Krankenhaus Rosenhügel, Wien;
Dr. med Friedhart Raschke, Institut für Rehabilitationsforschung, Norderney;
cand. med. Laura L. Sattler, Humboldt-Universität, Berlin;
Dorothea Schuntermann, M.A., Technische Universität, Berlin;
Dr. med. Wilfried Schupp, Fachklinik Herzogenaurach, Herzogenaurach
Priv.-Doz. Dr. med. Michael Seidel, v. Bodelschwinghsche Anstalten Bethel, Bielefeld;
Dr. med. Eberhard Zillessen, Klinik Niederrhein der LVA Rheinprovinz, Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Unser Dank gilt auch Ms. Angela Harth, MSc, BG Unfallklinik, Ludwigshafen, für die Prüfung der Übersetzung und Rückübersetzung schwieriger Passagen der ICF.

Zu danken ist darüber hinaus allen Experten aus Österreich, der Schweiz und Deutschland, die sich an der öffentlichen Korrektur des deutschen Entwurfs der ICF über das Internet beteiligt haben.

Der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger hat die Arbeiten während des gesamten Entwicklungsprozesses der ICF dankenswerterweise finanziell, personell und ideell unterstützt. Ohne diese Hilfe hätte die Übersetzung nicht so schnell erfolgen können. Die Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter (DVfR), Heidelberg, und die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR), Frankfurt am Main, haben sich intensiv an der Erarbeitung der deutschen Fassung der ICF beteiligt und in ihren Publikationsorganen auf die ICF hingewiesen.

Zu danken ist schließlich dem Bundesministerium für Gesundheit, Berlin und Bonn, für die Zuwendung zu ungedeckten Kosten für die Koordination und Revision der ICIDH in deutscher Sprache und dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung für die aktive Mitwirkung am Revisionsverfahren und bei der Erarbeitung der deutschen Fassung der ICF.

Im Juli 2002

Dr. rer. pol. Michael F. Schuntermann
Koordinator für die deutschsprachige Fassung der ICF
Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, Rehabilitationswissenschaftliche Abteilung
Eysseneckstr. 55, D-60322 Frankfurt am Main
Tel.: +49 (0) 69 1522 317, Fax: +49 (0) 69 1522 259,
E-Mail: Michael.Schuntermann@VDR.de