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ICD-O-3 Zweite Revision

4. Kodierrichtlinien für die Topographie und die Morphologie

Diese Seite enthält folgende Abschnitte, die Nummerierung orientiert sich an der des PDF-Dokuments zur ICD-O-3 2013:

4.1. Zusammenfassung der Regeln zur Benutzung der dritten Ausgabe (erste Revision) der ICD-O

Vergleiche Abbildung 14 für die entsprechenden Nummern in der zweiten Ausgabe der ICD-O

REGEL A: Topographische Regionen und mangelhaft definierter Sitz

Wenn in der Diagnose das Ursprungsgewebe nicht angegeben ist, so ist anhand des alphabetischen Verzeichnisses bei mangelhaft definiertem Sitz das zutreffende Gewebe auszuwählen. Diese Lokalisationsangabe ist der Kategorie "o.n.A." vorzuziehen.

Eine Lokalisationsbezeichnung wie "Arm" umfasst z.B. zahlreiche Gewebearten. Ein "Plattenepithelkarzinom am Arm" soll unter C44.6 (Haut des Armes) und nicht unter C76.4 (obere Extremität o.n.A.) verschlüsselt werden (siehe Regel A in Abschnitt 4.2.4). Es gibt einige wenige Ausnahmen von dieser Regel, wie "Haut o.n.A" und "Stirn o.n.A.", da diese Regionen im Wesentlichen aus Haut bestehen. Sie werden beim Verschlüsseln der Haut zugeordnet.

REGEL B: Präfixe

Ist eine topographische Angabe durch Präfixe wie peri-, para- oder ähnliche modifiziert und nicht in der ICD-O enthalten, so ist der jeweilige Sitz unter C76 (mangelhaft bezeichneter Sitz) zu verschlüsseln, sofern nicht der Tumorart die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Gewebe zu entnehmen ist.

Diese Regel gilt auch für so allgemeine Bezeichnungen wie "... im Bereich ..." oder "... Region ...". Siehe Regel B in Abschnitt 4.2.5.

REGEL C: Neoplasien, die sich über mehr als eine topographische Kategorie oder Subkategorie ausdehnen

Wenn eine Neoplasie sich über mehr als eine topographische Kategorie oder Subkategorie ausdehnt und ihr Ursprung nicht festgestellt werden kann, so ist die Unterkategorie ".8" zu verwenden (siehe Regel C in Abschnitt 4.2.6 und Anmerkung zu Beginn des Abschnittes Topographie).

Weil den Neoplasien in der ICD-10 mehr Klassen zugeteilt wurden als in der ICD-9, wurden einige dreistellige Kategorien auf zwei neue Dreisteller verteilt. Eine Übersicht der ".8"-Schlüssel findet sich in Abbildung 17 im Abschnitt 4.2.6.

REGEL D: Topographische Kodierung bei Lymphomen

Entspringt ein Lymphom den Lymphknoten, so ist mit C77.- zu verschlüsseln. Ein Lymphom, das mehrere Lymphknotenregionen befällt, ist mit C77.8 (Lymphknoten mehrerer Regionen) zu verschlüsseln. Extranodale Lymphome sind nach ihrem Ursprungsort zu verschlüsseln. Dieser ist nicht unbedingt mit der Entnahmestelle der Biopsie identisch. Sofern keine Lokalisation angegeben wird, soll mit C77.9 (Lymphknoten o.n.A.) verschlüsselt werden. Wird bei fehlender Lokalisationsangabe eine extranodale Entstehung des Lymphomes angenommen, so ist mit C80.9 (unbekannte Primärlokalisation) zu verschlüsseln.

Lymphome entstehen an definierten Stellen, wie dem Magen, oder auch in einem oder mehreren Lymphknoten. Deswegen wird hier keine Topographie-Schlüsselnummer vorgegeben. Lymphome an definierten Stellen werden als extranodal bezeichnet. Siehe Regel D in Abschnitt 4.2.7.

REGEL E: Topographische Kodierung bei Leukämien

Alle Leukämien sind mit C42.1 (Knochenmark) zu verschlüsseln mit Ausnahme des Myelosarkomes (9930/3).

Siehe Regel E in Abschnitt 4.2.8.

REGEL F: Der Kode für das biologische Verhalten (Dignitäts- oder Behaviorkode)

Das biologische Verhalten ist an der fünften Stelle durch eine korrekte Schlüsselnummer zu kodieren, auch wenn diese Kombination so in der ICD-O nicht aufgeführt ist.

Die Verwendung des Kodes für das biologische Verhalten wird im Abschnitt 4.3.2 und in Abbildung 20 im Abschnitt 4.3.3 beschrieben. Es sollte eine korrekte Schlüsselnummer angegeben werden, auch wenn ihre Verbindung mit dem Dignitätskode in der ICD-O nicht aufgeführt ist. Ein "benignes Chordom" sollte mit 9370/0 kodiert werden. Wenn der Pathologe jedoch ein anderes biologisches Verhalten beschreibt, so muss entsprechend eine andere Ziffer für die Dignität verwendet werden.

REGEL G: Grading oder Differenzierungsgrad

Bei der Zuweisung ist der höchste im Befundbericht genannte Grad zu verwenden.

Weitere Einzelheiten finden sich in Abschnitt 4.3.4 und in Abbildung 21. Wenn im Befund oder in der Diagnose unterschiedliche Differenzierungsgrade angegeben sind (wie "gut und mäßig differenziert" oder wie "Grad 2-3"), so ist der höhere Grad zu kodieren.

Die 6. Stelle wird bei Lymphomen und Leukämien zur Beschreibung des Zelltyps verwendet (siehe Abbildung 22 im Abschnitt 4.3.4). Bei den Erkrankungen des lymphatischen und des hämatopoetischen Systems hat die Kodierung des Zelltyps (T-Zell 5, B-Zell 6, Null-Zell 7 und NK-Zell 8) Vorrang vor dem Grading.

REGEL H: Lokalisationsspezifische morphologische Begriffe und Hinweise zur Lokalisation

Wenn in der angegebenen Diagnose keine Lokalisation genannt ist, so soll der im Kode angegebene Hinweis zur Lokalisation Anwendung finden. Diese Ortsangabe soll nicht angewendet werden, wenn bekannt ist, dass die Neoplasie an einer anderen Stelle entstanden ist.

Üblicherweise zutreffende Lokalisationen für die Entstehung eines bestimmten Tumors sind in Klammern hinter den morphologischen Begriffen angegeben, wie z.B. "Retinoblastom (C69.2)". Wenn im Befund – in der Diagnose – keine Lokalisation angegeben ist, so sind die in Klammern hinter der histologischen Schlüsselnummer angegebenen Lokalisationsangaben zu verwenden.

Wenn die angegebene Lokalisation von der empfohlenen Schlüsselnummer abweicht, so ist die tatsächliche Lokalisation zu verschlüsseln. Hierbei sollte aber vorher gesichert sein, dass es sich nicht um eine Metastase handelt.

Manche Lokalisationsangaben wie C44.- (Haut) enthalten nur die dreistellige Schlüsselnummer, da die passende vierte Stelle nicht von vornherein feststeht.

Einzelne Neoplasien legen mit ihrem Namen (pseudotopographische histologische Ausdrücke) eine bestimmte Lokalisation nahe, was aber nicht bedeutet, dass sie auch an dieser Stelle wachsen. Das Gallengangs-Zystadenokarzinom entsteht zum Beispiel in den intrahepatischen Gallengängen (C22.1). Siehe Regel H in Abschnitt 4.3.5.

REGEL J: Zusammengesetzte morphologische Bezeichnungen

Ändere die Reihenfolge der Wortstämme, wenn sich der ursprüngliche Terminus in der ICD-O nicht finden lässt.

Es sind nicht unbedingt alle Varianten der zusammengesetzten Bezeichnungen aufgeführt. Es gibt in der englischen Fassung z.B. kein Myxofibrosarkom, aber ein Fibromyxosarkom. In der deutschen Fassung sind die Begriffe im alphabetischen Verzeichnis jedoch so durchpermutiert, dass jeder wesentliche Bestandteil eines Begriffes einmal vorne steht. Siehe Regel J in Abschnitt 4.3.7.

REGEL K: Verschlüsselung einer Diagnose mit mehreren morphologischen Bezeichnungen

Wenn eine einzelne Schlüsselnummer zur Wiedergabe der Diagnose einer Neoplasie nicht ausreicht und die zur Diagnose verwendeten Beiwörter die Wahl zwischen zwei Schlüsselnummern offen lassen, so soll die numerisch größere Schlüsselnummer verwendet werden (siehe Regel K in Abschnitt 4.3.8).


Abb. 14: Korrespondierende Regeln der dritten Ausgabe und der zweiten Ausgabe der ICD-O

Thema
ICD-O
Dritte
Ausgabe
ICD-O
Zweite
Ausgabe*

* Anmerkung:

  • Die Regel 1 der zweiten Ausgabe beschreibt den Aufbau des zehnstelligen Kodes.
  • Die Regel 7 der zweiten Ausgabe beschreibt den Unterschied zwischen den Begriffen Krebs und Karzinom.
  • Die Regel 14 der zweiten Ausgabe behandelt die Kodierung multipler Neoplasien.
  • In der dritten Ausgabe gibt es keine Regel I, um mögliche Verwechslungen mit einer Regel 1 zu vermeiden.

Topographische Regionen und durch die Krankheit definierter Sitz A 2
Präfixe B 3
Neoplasien, die sich über mehr als eine topographische Kategorie oder Subkategorie ausdehnen C 4
Topographische Kodierung bei Lymphomen D 12
Topographische Kodierung bei Leukämien E 13
Der Kode für das biologische Verhalten (Dignitätskode) F 5
Grading oder Differenzierungsgrad G 6
Ortsgebundene morphologische Bezeichnungen H 8, 9
Zusammengesetzte morphologische Bezeichnungen J 10
Verschlüsselung mehrerer morphologischer Bezeichnungen K 11

4.2 Kodierrichtlinien für die Topographie

4.2.1. Einleitung

Der topographische Kode verweist auf den Ursprungsort der Neoplasie, auf die Stelle, an der die Neoplasie entstanden ist. In der dritten Ausgabe der ICD-O hat es keine Änderungen oder Ergänzungen des topographischen Schlüssels gegeben. Die Schlüsselnummern oder Rubriken C00-C80 basieren auf dem Abschnitt "Bösartige Neubildungen" des Kapitels II in der ICD-10, wie zuvor schon vermerkt wurde (siehe Abschnitt 2.). Alle Neoplasien, ob nun benigne, maligne oder mit unsicherem oder unbekanntem Verhalten werden in der ICD-O mit dem gleichen Satz topographischer Schlüsselnummern kodiert.

4.2.2. Adjektivierte Bezeichnungen

Der Sitz einer Neoplasie kann durch ein Substantiv oder durch seine adjektivierte Form (Nase vs. nasal) beschrieben werden. Im Allgemeinen tauchen nur die Nomina im Alphabetischen Verzeichnis auf. Es wurden nur die gängigsten adjektivierten Formen, wie uterin oder gastrisch, aufgenommen. Im Zweifelsfall muss bei der Kodierung anhand eines Wörterbuches das richtige Substantiv herausgesucht werden.

4.2.3. Spezielle Topographie-Schlüsselnummern

Unterteilung des Ösophagus

Da zwei inkompatible Systeme zur Unterteilung des Ösophagus weit verbreitet sind, enthalten sowohl die ICD-O als auch die ICD-10 beide Varianten (Abbildung 15). Die Begriffe cervicalis, thoracalis und abdominalis entspringen der radiologischen und der operativen Einteilung. Oberes, mittleres und unteres Drittel entspringen dem endoskopischen und dem klinischen Sprachgebrauch.

Abb. 15: Kodestruktur für den Ösophagus
Kode Bezeichnung
C15 Ösophagus
C15.0 Ösophagus, Pars cervicalis
C15.1 Ösophagus, Pars thoracalis
C15.2 Ösophagus, Pars abdominalis
C15.3 Ösophagus, oberes Drittel
Ösophagus, oberes intrathorakales Drittel
C15.4 Ösophagus, mittleres Drittel
C15.5 Ösophagus, unteres intrathorakales Drittel
Ösophagus, distales Drittel
C15.8 Ösophagus, mehrere Teilbereiche überlappend
[Siehe Anmerkung am Anfang des Abschnittes Topographie]
C15.9 Ösophagus o.n.A.

Sitz einer Neoplasie in einer Kiemenspalte oder in einem Meckelschen Divertikel

In beiden Fällen handelt es sich um angeborene Fehlbildungen, die mit Q18.0 bzw. Q43.0 in der ICD-10 verschlüsselt werden. In diesen Fehlbildungen gibt es auch Gewebe, von denen Neoplasien ausgehen können. Die C10.4 für Kiemenspalte (Kiemengang) und C17.3 für das Meckel-Divertikel sind im topographischen Teil der ICD-O enthalten. Der Vermerk "Sitz der Neoplasie" in Klammern hinter dem jeweiligen Begriff betont nochmals, dass er nur für den primären Tumorsitz zu verwenden ist. Nur für eine in der Fehlbildung entstandene Neoplasie dürfen diese Topographie-Schlüsselnummern verwendet werden.

4.2.4. Topographische Regionen und mangelhaft definierter Sitz

REGEL A: Wenn in der Diagnose das Ursprungsgewebe nicht angegeben ist, so ist anhand des alphabetischen Verzeichnisses bei mangelhaft definiertem Sitz das zutreffende Gewebe auszuwählen. Diese Lokalisationsangabe ist der Kategorie "o.n.A." vorzuziehen.

Das Verschlüsseln von Diagnosen, die sich nur auf Körperregionen oder auf mangelhaft beschriebene Lokalisationen beziehen, wirft Probleme auf. Die meisten Schlüssel für einen mangelhaft beschriebenen Sitz finden sich unter C76 in der ICD-O, aber manche dieser Lokalisationen, wie z.B. Arm, bestehen aus zahlreichen unterschiedlichen Geweben (Abbildung 16). Aus der Diagnose ist aber unter Umständen nicht ersichtlich, in welchem Gewebe die Neoplasie entstanden ist. "Arm" beinhaltet die Haut, diverse Weichteilgewebe und auch Knochen. Die Angabe "Arm o.n.A." wird mit C76.4 verschlüsselt. Das bedeutet, dass nichts Näheres über den primären Sitz bekannt ist. Um die Verschlüsselung von Neoplasien des Armes zu vereinfachen, werden im Alphabetischen Verzeichnis die passenden Gewebe unter der Bezeichnung Arm aufgeführt.

Beispiel für eine topographische Region aus dem Alphabetischen Verzeichnis der ICD-O-3 Erste Revision

Arm

  • - o.n.A. C76.4
  • - - Karzinom, Melanom, Nävus C44.6
  • - - Sarkom, Lipom C49.1
  • - Bindegewebe C49.1
  • - Haut C44.6
  • - Knochen C40.0
  • - - kurz, und zugehörige Gelenke C40.1
  • - - lang, und zugehörige Gelenke C40.0
  • - Lymphknoten C77.3
  • - Nerven C47.1
  • - periphere Nerven und autonomes Nervensystem C47.1
  • - Weichteile C49.1

Abb. 16

Im Alphabetischen Verzeichnis sind häufige benigne oder maligne Neoplasien mit in Klammern dahinter gesetzten Lokalisationshinweisen versehen, um auf die Gewebe hinzuweisen, in denen sie üblicherweise entstehen. Karzinom, Melanom und Nävus am Arm werden mit C44.6 verschlüsselt, also mit der topographischen Schlüsselnummer, die die Haut des Armes bezeichnet. Diese Klammervermerke sollen beim Verschlüsseln unterstützen, und sie sollen als Hinweis dienen, dass es beispielsweise verschiedene Karzinomtypen am Arm gibt, wie das Plattenepithelkarzinom, das mit C44.6 (Haut der oberen Extremitäten und der Schulter) und nicht mit C76.4 (Obere Extremität o.n.A.) verschlüsselt werden sollte.

In gleicher Weise werden Sarkome und Lipome mit C49.1 kodiert, der topographischen Schlüsselnummer für Neoplasien des Bindegewebes und anderer Weichteilgewebe der oberen Extremität, da die meisten Sarkome, wie das Fibrosarkom, das Liposarkom und das Angiosarkom, üblicherweise im Weichteilgewebe entstehen.

Bei Neoplasien der Knochen ist besondere Sorgfalt geboten. Sowohl das Osteosarkom ("Osteo-" für Knochen) als auch das Chondrosarkom ("Chondro-" für Knorpel) entstehen üblicherweise im Knochen. "Armknochen" wird mit C40.0 ("Lange Knochen von Arm und Schulter und zugehörige Gelenke") verschlüsselt. Dies ist die korrekte Schlüsselnummer sowohl für Osteosarkome als auch für Chondrosarkome, die in einem der Armknochen entstehen.

Periphere Nerven und Bindegewebe

Periphere Nerven (C47.-) und Bindegewebe (C49.-) schließen eine Vielzahl von Geweben ein (vgl. numerische topographische Liste für die Inklusiva). Nicht für alle Körperregionen enthält das Alphabetische Verzeichnis alle Varianten der in der numerischen topographischen Liste aufgeführten Bezeichnungen. Fettgewebe findet man beispielsweise beim Bindegewebe. Es wird aber nicht bei ungenauen Ortsbezeichnungen mit aufgeführt.

4.2.5. Präfixe

REGEL B: Ist eine topographische Angabe durch Präfixe wie peri-, para- oder ähnliche modifiziert und nicht in der ICD-O enthalten, so ist der jeweilige Sitz unter C76 (mangelhaft bezeichneter Sitz) zu verschlüsseln, sofern nicht der Tumorart die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Gewebe zu entnehmen ist.

Die Präfixe peri-, para-, prä-, supra-, infra- und andere werden oft bei der Bezeichnung von Lokalisationen und Organen verwendet. Einige wenige solcher durch Präfixe veränderten Angaben sind in der ICD-O aufgeführt und spezifischen Schlüsselnummern zugeordnet. Beispielsweise werden periadrenales Gewebe, peripankreatisches Gewebe und retrozökales Gewebe aufgeführt und der Schlüsselnummer C48.0 (Retroperitoneum) zugeordnet. "Paraaortaler Lymphknoten" ist in der ICD-O vorhanden und erhält die gleiche Schlüsselnummer wie "Aortaler Lymphknoten", und zwar C77.2. Es ist unmöglich, alle erdenklichen durch Präfixe modifizierten Ortsangaben aufzulisten. In praxi ist die Verwendung solcher Präfixe häufig ein Hinweis auf eine ungenaue Ortsangabe. Beim Kodieren sollte für in der ICD-O anderweitig nicht aufgeführte ungenaue Ortsangaben die Rubrik C76 verwendet werden.

Diese Regelung gilt auch für so allgemeine Bezeichnungen wie "... im Bereich ..." oder "... Region ...".

4.2.6. Neoplasien, die sich über mehr als eine topographische Kategorie oder Subkategorie ausdehnen

REGEL C: Wenn eine Neoplasie sich über mehr als eine topographische Kategorie oder Subkategorie ausdehnt und ihr Ursprung nicht festgestellt werden kann, so ist die Unterkategorie ".8" zu verwenden.

Die Kategorien C00-C76 klassifizieren maligne Primärtumoren nach ihrem Ursprungsgewebe oder nach ihren Ausgangsorganen. Viele dreistellige Rubriken sind weiter in näher bezeichnete Organteile oder nach Organabschnitten aufgeteilt. Eine Neoplasie, die zwei oder mehr benachbarte Abschnitte übergreift und deren Ursprung nicht mehr festgestellt werden kann, soll der Unterkategorie ".8" ("mehrere Teilbereiche überlappend") zugeordnet werden, sofern nicht genau diese Orts-Kombination anderswo in der ICD-O genannt wird. Der Begriff "überlappend" beinhaltet, dass die befallenen Teilbereiche benachbart sind.

Weil den Neoplasien in der ICD-10 mehr Klassen zugeteilt wurden als in der ICD-9, wurden einige dreistellige Kategorien auf zwei neue Dreisteller verteilt.

Numerisch aufeinanderfolgende Subkategorien sind häufig anatomisch benachbart. Dies ist nicht immer der Fall (vgl. Harnblase C67). Bei der Kodierung muss sich gegebenenfalls anhand anatomischer Werke über die Lagebeziehungen kundig gemacht werden. Eine maligne Neoplasie des Ösophagus und des Magens wird unter C16.0 (Kardia) aufgeführt und so verschlüsselt, wohingegen das Karzinom der Spitze und der ventralen Oberfläche der Zunge mit C02.8 verschlüsselt werden muss. Andererseits soll das Karzinom der Zungenspitze mit Ausdehnung auf die ventrale Oberfläche der Zunge mit C02.1 verschlüsselt werden, da sein Ursprung, die Zungenspitze, bekannt ist.

Gelegentlich kann eine Neoplasie zwei oder mehr durch dreistellige Schlüsselnummern bezeichnete Abschnitte eines Organsystems befallen. Abbildung 17 führt die Subkategorien auf, die den Befall von Abschnitten eines ganzen Organsystems beschreiben. Beispielsweise sollte einem Karzinom des Magens und des Dünndarmes die C26.8 (Neoplasie Verdauungssystem, mehrere Bereiche überlappend) zugewiesen werden.

Abb. 17: Lokalisationsschlüsselnummern für Neoplasien, die mehrere Bereiche eines Organsystems befallen
Kode Bereiche
C02.8 Zunge, mehrere Bereiche überlappend
C08.8 Große Speicheldrüsen, mehrere Bereiche überlappend
C14.8 Lippe, Mundhöhle und Pharynx, mehrere Bereiche überlappend
C21.8 Rektum, Anus und Analkanal, mehrere Bereiche überlappend
C24.8 Gallenwege, mehrere Bereiche überlappend
C26.8 Verdauungssystem, mehrere Bereiche überlappend
C39.8 Atemwege [Respirationstrakt] und intrathorakale Organe, mehrere Bereiche überlappend
C41.8 Knochen, Gelenke und Gelenkknorpel, mehrere Bereiche überlappend
C49.8 Bindegewebe, Subkutangewebe und sonstige Weichteilgewebe, mehrere Bereiche überlappend
C57.8 Weibliche Genitalorgane, mehrere Bereiche überlappend
C63.8 Männliche Genitalorgane, mehrere Bereiche überlappend
C68.8 Harntrakt, mehrere Bereiche überlappend
C72.8 Gehirn und andere Teile des Zentralnervensystems, mehrere Bereiche überlappend

4.2.7. Topographische Kodierung bei Lymphomen

REGEL D: Entspringt ein Lymphom den Lymphknoten, so ist mit C77.- zu verschlüsseln. Ein Lymphom, das mehrere Lymphknotenregionen befällt, ist mit C77.8 (Lymphknoten mehrerer Regionen) zu verschlüsseln. Extranodale Lymphome sind nach ihrem Ursprungsort zu verschlüsseln. Dieser ist nicht unbedingt mit der Entnahmestelle der Biopsie identisch. Sofern keine Lokalisation angegeben wird, soll mit C77.9 (Lymphknoten o.n.A.) verschlüsselt werden. Wird bei fehlender Lokalisationsangabe aber eine extranodale Entstehung des Lymphomes angenommen, so ist mit C80.9 (unbekannte Primärlokalisation) zu verschlüsseln.

Lymphome werden im Gegensatz zu soliden Tumoren wie dem Mamma- oder dem Magenkarzinom als Systemerkrankung angesehen. Die meisten Lymphome entstehen in Lymphknoten (Topographie C77.-) oder in lymphatischem Gewebe wie den Tonsillen, der Milz, dem Waldeyerschen Rachenring, den Peyerschen Plaques des Dünndarmes und dem Thymus. Sie werden als nodale Lymphome bezeichnet.

Lymphome können auch aus lymphatischen Zellen von Organen wie dem Magen oder dem Dünndarm entstehen. Sie werden dann als extranodal oder extralymphatisch bezeichnet. Den Lymphomen ist deswegen keine Ortsangabe zugeordnet worden.

Obwohl die Begriffe extranodal und extralymphatisch gelegentlich synonym verwendet werden, so ist ihre Bedeutung doch nicht identisch. Mit extranodal wird ein außerhalb von Lymphknoten, aber in einem der obigen lymphatischen Gewebe entstandenes Lymphom bezeichnet. Extralymphatisch beschreibt ein Lymphom, das in einem nicht lymphatischen Organ oder Gewebe entstanden ist.

Bei den nodalen und bei den extranodalen Lymphomen ist es wichtig, die Primärlokalisation der Neoplasie herauszufinden. Diese entspricht nicht unbedingt der Entnahmestelle der Biopsie, ggf. infiltriertem Gewebe der Nachbarschaft oder dem Ort der Metastasierung. Das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom kann beispielsweise nodal wie auch primär extranodal entstehen. Die Biopsie entstammt möglicherweise einem Lymphknoten, auch wenn die Hauptmasse der Neoplasie sich in einem extralymphatischen Organ befindet. Das Staging durch bildgebende Verfahren ist die einzige zuverlässige Methode, um hier zu unterscheiden. Leider sind diese Informationen bei der Kodierung insbesondere in Krebsregistern nicht unbedingt zugänglich. Wenn klar ist, dass ein bestimmter Lymphknoten der Primärsitz war, so muss dies auch verschlüsselt werden. Ist der Ursprungslymphknoten nicht bekannt, so ist C77.9 (Lymphknoten o.n.A.) einzusetzen. Sieht es jedoch so aus, als handele es sich beim Primärsitz nicht um einen Lymphknoten, so ist C80.9 (unbekannte Primärlokalisation) richtig. Diese Unterscheidung ist wegen der besseren Prognose der extranodalen Lymphome wichtig (siehe auch die Diskussion um die malignen Lymphome im Abschnitt 3.12).

4.2.8. Topographische Kodierung bei Leukämien

REGEL E: Alle Leukämien sind mit C42.1 (Knochenmark) zu verschlüsseln mit Ausnahme des Myelosarkomes (9930/3).

Beim Myelosarkom handelt es sich um ein leukämisches Infiltrat eines Gewebes. Es muss aber der Ursprungsort der Leukämie verschlüsselt werden.

4.3. Kodierrichtlinien für die Morphologie

4.3.1. Einleitung

Der morphologische Kode dokumentiert den neoplastisch mutierten Zelltyp und seine biologische Aktivität; anders ausgedrückt: Er bezeichnet die Art der Neoplasie und wie sie sich verhält. Die vollständige morphologische Schlüsselnummer besteht aus drei Teilen:

  • 4 Stellen Zelltyp (Histologie)
  • 1 Stelle biologisches Verhalten
  • 1 Stelle Grading, Differenzierung oder Phänotyp

Im Morphologie-Kode der ICD-O wird in einer gemeinsame Basis der Zelltyp einer Neoplasie verschlüsselt. Eine zusätzliche Stelle gibt Aufschluss über sein Verhalten. Der Kode für das Grading, den Differenzierungsgrad bzw. die Charakterisierung liefert zusätzliche Informationen zur Neoplasie.

Krebs und Karzinom, Tumor, Neoplasie

Die Wörter "Krebs" und "Karzinom" werden häufig (fälschlicherweise) synonym verwendet. "Plattenepithelkrebs" wird parallel zu "Plattenepithelkarzinom" verwendet und gleich kodiert. Der Begriff "Spindelzellkrebs" kann sich aber sowohl auf das Spindelzellkarzinom wie auch auf das Spindelzellsarkom beziehen. In der ICD-O wird der Begriff "Krebs" nur ein einziges Mal aufgeführt - als Synonym für die unspezifische Bezeichnung "maligne Neoplasie" (8000/3). Die ICD-O kann nicht für alle Fälle, in denen in lockerer und unpräziser Ausdrucksweise das Wort "Krebs" verwendet wird, eine Schlüsselnummer angeben.

4.3.2. Biologisches Verhalten (Dignitätskode)

Bei der Dignität einer Neoplasie geht es um ihr biologisches Verhalten im Körper. Pathologen beurteilen das Verhalten einer Neoplasie anhand einer Vielzahl von Faktoren. Abbildung 18 zeigt das Spektrum der Dignitätsziffern. Eine Neoplasie kann ohne Neigung zur Aussaat lokal wachsen (/0, benigne); sie kann maligne sein, jedoch weiterhin nur lokal wachsen (/2, nichtinvasiv oder in situ); sie kann umgebende Strukturen infiltrieren (/3, maligne, Primärtumor); sie kann aber auch streuen und an anderer Stelle wachsen (/6, Metastase).

Die meisten Krebsregister erfassen nur Daten von malignen Primärtumoren und von In-situ-Neoplasien, also von Neoplasien, deren Dignitätsziffer /2 und /3 ist. Die Ziffern /6 (Metastase) und /9 (maligne, unbestimmt, ob Primärtumor oder Metastase) werden eher selten in Krebsregistern verwendet.

Bei einem Patienten ist die Lungenmetastase eines Karzinoms gefunden worden; der Primärtumor ist unbekannt. In diesem Fall wird der "unbekannte Primärtumor" mit C80.9 und das "Karzinom" mit 8010/3 verschlüsselt. Die Zeichenfolge /3 verweist hier auf die Existenz eines malignen Primärtumors.

Abb. 18: 5. Stelle der Morphologie-Schlüsselnummer – Schlüssel für das biologische Verhalten von Neoplasien (Behavior-Kode)
Kode Bedeutung

* Nicht in Krebsregistern verwendet

/0 Benigne
Gutartig
/1 Unsicher, ob benigne oder maligne
Borderline-Malignität
Niedriges Malignitätspotenzial
Unsicheres Malignitätspotenzial
/2 Carcinoma in situ
Intraepithelial
Nichtinfiltrierend
Nichtinvasiv
/3 Maligne, Primärtumor
Bösartig, Primärtumor
/6* Maligne, Metastase
Bösartig, Metastase
Sekundärtumor
/9* Maligne, unsicher, ob Primärtumor oder Metastase
Bösartig, unsicher, ob Primärtumor oder Metastase

Carcinoma in situ und CIN III

Die Mehrheit der Krebsregister dokumentiert ein Carcinoma in situ, egal wo es auftritt. Die bei weitem meisten Carcinomata in situ werden an der Cervix uteri diagnostiziert. In den letzten Jahren wurden von Pathologen und Zytologen viele hiermit eng verwandte Begriffe eingeführt, namentlich die "intraepitheliale Neoplasie". Der Begriff "zervikale (cervical) intraepitheliale Neoplasie" Grad III (CIN III) wird an der Zervix oft verwendet. Leider differenziert der Begriff nicht zwischen Carcinoma in situ und schwerer Dysplasie.

Führende Experten auf diesem Gebiet aus zahlreichen Ländern wurden um ihren Rat gebeten. Die Mehrheit war der Ansicht, dass CIN III mit einem Carcinoma in situ verglichen werden kann, ganz gleich, ob eine schwere Dysplasie vermerkt ist oder nicht. Eine schwere Dysplasie der Cervix uteri ohne Erwähnung einer CIN III wird, wie alle schweren Dysplasien anderer Lokalisationen, nach der SNOMED verschlüsselt. Bei vergleichbaren Bezeichnungen - in der Vagina (VAIN III), an der Vulva (VIN III) und am Anus (AIN III) - sollte auf gleiche Weise verfahren werden.

Pathologen, die nicht der Ansicht sind, dass das CIN III äquivalent zum Carcinoma in situ ist, können die Dignität mit /1 (unsicherer oder unbekannter Charakter) angeben.

Das "Bethesda-System" zervikal-vaginaler zytologischer Befunde (27) kennt nur zwei unterschiedliche Gruppen, nämlich "low grade squamous intraepithelial lesion" und "high grade squamous intraepithelial lesion". Letztere umfasst die mäßiggradige (CIN II) Dysplasie, die schwere Dysplasie (CIN III) und das Carcinoma in situ.

Die Verwendung des Dignitätskodes in der Pathologie

Der größte Teil der in diesem Abschnitt des Handbuches gegebenen Anweisungen zielt auf die Bedürfnisse von Kodierern oder Dokumentaren ab. Dieser Absatz richtet sich an Pathologen. Der wesentliche Unterschied in der Anwendung liegt in der Verwendung des Dignitätskodes. Ein Pathologe ist für gewöhnlich an der Kodierung einer einzelnen Probe interessiert, wogegen das Bestreben des Dokumentars darin besteht, den Primärtumor zu identifizieren. Pathologen erhalten möglicherweise zahlreiche Proben eines Patienten, z.B. (a) eine Biopsie, (b) den resezierten Primärtumor und (c) eine Metastase (Abbildung 19). Sie verschlüsseln alle drei Proben einzeln; jede Probe wird mit der geeigneten Schlüsselnummer für die Lokalisation und für die Histologie verschlüsselt. In (b) ist die Dignitätsziffer /3, in (a) und (c) ist sie /6 (Metastase) als Hinweis darauf, dass die begleitende topographische Schlüsselnummer nicht den Sitz des Primärtumors anzeigt. Dokumentare in Krebsregistern interessiert andererseits nur der Primärtumor; sie werden nur den Punkt (b) aufzeichnen - den primären Sitz der Neoplasie und ihre Histologie mit der Dignitätsziffer /3.

Abb. 19: Beispiele für die Verschlüsselung von Gewebeproben durch Pathologen
Gewebeprobe Neoplasie Topographie-Kode Morphologie-Kode

* Dieser Kode wird im Krebsregister aufgezeichnet


a. Biopsie-Befund Supraklavikulärer Lymphknoten, Metastase eines Siegelringzellkarzinomes, am ehesten vom Magen abstammend C77.0 8490/6
*b. Primärtumor Magenfundus, Siegelringzellkarzinom C16.1 8490/3
c. Metastase Metastase aus dem Oberlappenbronchus, Metastase eines Siegelringzellkarzinomes C34.1 8490/6

4.3.3. Der Kode für das biologische Verhalten (Dignitäts- oder Behaviorkode)

REGEL F: Das biologische Verhalten ist an der fünften Stelle durch eine geeignete Schlüsselnummer zu verschlüsseln, auch wenn der exakte Begriff in der ICD-O nicht aufgeführt ist.

Die zugrundeliegende Struktur und das Konzept zur Verschlüsselung der Histologie in der ICD-O sind in Abbildung 20 dargestellt. Im Beispiel A sind fünf Begriffe mit ihrer morphologischen Schlüsselnummer aufgeführt. Jeder von ihnen hat die gleiche vierstellige morphologische Schlüsselnummer 8140, passend zu einer Neoplasie, die von einer Drüse abstammt. "Adenom o.n.A." ist eine benigne Neoplasie und führt die Dignitätsziffer /0. "Adenokarzinom o.n.A." ist das maligne Pendant und hat die Dignitätsziffer /3. Das Verhalten des "Adenocarcinoma in situ" ist korrekt mit /2 verschlüsselt. Bronchialadenome, die ursprünglich als benigne angesehen wurden, erwiesen sich später als maligne oder als potentiell maligne. Dem "Bronchialadenom o.n.A." wurde deswegen die Dignitätsziffer /1 zugewiesen. Die Metastase eines "Adenokarzinomes o.n.A." hat die 8140/6. 8140/9 ist ebenfalls Bestandteil der Matrix, obwohl sie in der ICD-O nicht genannt wird. Wenn eine Diagnose wie "Adenokarzinom der Lunge, ungewiss, ob Primärtumor oder Metastase" in der Krankenakte oder im Befund aus der Pathologie erscheint, so ist es möglich, sie mit 8140/9 zu verschlüsseln. In Krebsregistern, die, wie zuvor bereits gesagt, nur /2 und /3 übernehmen, wird diese Schlüsselnummer nicht verwendet.

Im Beispiel B werden drei Begriffe unter der vierstelligen morphologischen Schlüsselnummer 9000 aufgeführt. Der "Brenner-Tumor o.n.A." ist üblicherweise benigne, weshalb er 9000/0 erhält. Wenn die Diagnose von einem "malignen Brenner-Tumor" spricht, so lautet die korrekte Schlüsselnummer 9000/3. In vergleichbarer Weise wird dann ein "Brenner-Tumor mit Borderline-Malignität" mit 9000/1 verschlüsselt. 9000/2, 9000/6 und 9000/9 werden in der ICD-O nicht aufgeführt. Sie können aber bei Bedarf verwendet werden. Bei dem Befund "Brenner-Tumor in situ" wird dann beispielsweise 9000/2 verwendet.

Im Beispiel C ist nur der Begriff "Chordom" aufgeführt. Das Chordom wird üblicherweise als maligne Neoplasie angesehen und daher mit 9370/3 kodiert. Es gibt aber auch die übrigen Schlüsselnummern in der Matrix unter 9370, die bei Bedarf eingesetzt werden können, wie 9370/0 für das "benigne Chordom", selbst wenn diese Bezeichnung in der ICD-O nicht speziell genannt wird.

Wir weisen darauf hin, dass einige Kombinationen keinen Sinn ergeben und andere noch nicht beschrieben worden sind. Ein "benignes Sarkom" widerspricht jedenfalls den gängigen Regeln und Gebräuchen.

In einem histologischen Befundbericht ist üblicherweise ein eindeutiger Hinweis auf das biologische Verhalten der untersuchten Probe enthalten, ein Hinweis darauf, ob es sich um Gewebe einer benignen oder einer malignen Neoplasie handelt. Dies spiegelt sich in der verwendeten Dignitätsziffer wieder. Nur einige wenige In-situ-Neoplasien werden gegenwärtig in der ICD-O namentlich geführt. Aber bei jeder diagnostizierten In-situ-Neoplasie sollte die Dignitätsziffer /2 der vierstelligen histologischen Schlüsselnummer angefügt werden.

Wir unterstreichen an dieser Stelle nochmals, dass das Matrix-System entworfen wurde, um den Pathologen die endgültige Entscheidung darüber zu überlassen, ob es sich um eine benigne oder maligne Neoplasie, um ein Carcinoma in situ oder um eine Neoplasie unklarer Dignität handelt.

Die in dieser Schlüsselnummer jeweils genannte Dignitätsziffer stellt nur das nach Meinung der Mehrheit der Pathologen übliche biologische Verhalten dar. Wenn der Pathologe einer gegebenen ICD-O-Schlüsselnummer nicht zustimmt, so kann er die angegebene Dignitätsziffer verändern. Der M. Paget der Brustwarze ist in der ICD-O als maligne Erkrankung verschlüsselt. In letzter Zeit waren einige Pathologen der Ansicht, dass beim Fehlen eines greifbaren Tumors von einem M. Paget in situ gesprochen werden müsse. In diesem Falle soll die Neoplasie als "in situ" befundet und entsprechend verschlüsselt werden.

Abb. 20: Matrix aus Behavior-Kode und Morphologie-Kode
Dignitätsziffer Beispiel A:
zugrundeliegender Zell-Typ
8140
Beispiel B:
zugrundeliegender Zell-Typ
9000
Beispiel C:
zugrundeliegender Zell-Typ
9370

* Nicht in Krebsregistern verwendet

/0 Benigne 8140/0
Adenom o.n.A
9000/0
Brenner-Tumor o.n.A.
(C56.9)
9370/0
/1 Unsicher, ob benigne oder maligne 8140/1
Bronchialadenom (C34.-)
9000/1
Brenner-Tumor mit
Borderline-Malignität (C56.9)
9370/1
/2 Carcinoma in situ, nichtinvasiv 8140/2
Adenocarcinoma in situ
9000/2 9370/2
/3 Maligne, Primärtumor 8140/3
Adenokarzinom o.n.A.
9000/3
maligner Brenner-Tumor (C56.9)
9370/3
Chordom
/6 Maligne, Metastase* 8140/6
Metastase eines Adenokarzinomes
9000/6 9370/6
/9 Maligne, unsicher, ob Primärtumor oder Metastase* 8140/9 9000/9 9370/9

Es sei daran erinnert, dass die ICD-O kein System zur Kodierung des Stadiums oder der Ausdehnung einer Erkrankung ist. Sie dient ausschließlich der Verschlüsselung von Topographie und Morphologie. Die ICD-O hat keine Beziehungen zu der TNM-Klassifikation der International Union Against Cancer (UICC) und des American Joint Committee on Cancer (AJCC). Die Kodierung basiert auf den Angaben des Pathologen. Ist das biologische Verhalten (Dignität) unklar oder nicht angegeben, so sollte die in der ICD-O angegebene Schlüsselnummer verwendet werden.

4.3.4. Grading oder Differenzierungsgrad (6. Stelle)

REGEL G: Bei der Zuweisung ist der höchste im Befundbericht genannte Grad zu verwenden.

Die ICD-O schließt an sechster Stelle des Morphologie-Schlüssels einen einstelligen Kode ein, der den histologischen Differenzierungsgrad beschreibt. Das Grading wird nur bei malignen Neoplasien verwendet.

Das Grading hängt weltweit stark vom jeweiligen Pathologen ab, zudem wird bei vielen malignen Neoplasien routinemäßig kein Grading angegeben. In Abbildung 21 wird der Schlüssel für das Grading dargestellt. Die Nummern 1 bis 4 verschlüsseln den Grad I bis IV. Die Bezeichnungen dieser Grade finden sich in der letzten Spalte.

Der Differenzierungsgrad beschreibt, wie sehr oder wie wenig die Neoplasie dem gesunden Gewebe, dem sie entstammt, ähnelt. Es besteht unter Pathologen eine große Variationsbreite bei der Verwendung der Bezeichnungen. Im Allgemeinen werden die Adverbien "gut", "mäßig" und "schlecht" zur Beschreibung des Differenzierungsgrades verwendet. Dies entspricht in etwa den Graden I, II und III. "Undifferenziert" und "anaplastisch" stehen normalerweise für Grad IV. Somit werden die Diagnosen "Plattenepithelkarzinom Grad II" und "mäßig differenziertes Plattenepithelkarzinom" beide mit der Morphologie-Schlüsselnummer 8070/32 verschlüsselt.

Sofern in einer Diagnose zwei unterschiedliche Differenzierungsgrade angegeben werden, so ist der höhere Grad für die Kodierung zu verwenden. Somit erhält ein "mäßig differenziertes Plattenepithelkarzinom mit schlecht differenzierten Arealen" den Grad 3 und wird mit 8070/33 verschlüsselt.

Abb. 21: 6. Stelle der Morphologie-Schlüsselnummer - histologisches Grading
Kode Grad Differenzierung
1 Grad I Gut differenziert
Differenziert o.n.A.
2 Grad II Mäßig differenziert
Mäßig gut differenziert
Mittelgradig differenziert
3 Grad III Schlecht differenziert
4 Grad IV Undifferenziert
Anaplastisch
9 - Grading nicht durchgeführt, nicht angegeben oder entfällt

Die Grading-Ziffern können auf alle malignen Neoplasien angewendet werden, die in der ICD-O enthalten sind, sofern die Diagnose Angaben zum Grading oder zur Differenzierung enthält. Beispielsweise muss zur vollständigen Verschlüsselung der Diagnose "anaplastisches Plattenepithelkarzinom" die Morphologie-Schlüsselnummer 8070/3 durch die Grading-Ziffer 4 ergänzt werden.

Die richtige Schlüsselnummer lautet also 8070/34. Eine Verschlüsselung mit 8070/39 ist unzulässig, da so der Differenzierungsgrad nicht wiedergegeben würde.

Wir weisen darauf hin, dass Bezeichnungen wie "anaplastisch", "gut differenziert" und "undifferenziert" integraler Bestandteil der Termini von circa 15 Neoplasien sind (zuzüglich der bei den Lymphomen verwendeten). Als Beispiele seien hier genannt 9082/34 - "undifferenziertes malignes Teratom", 9511/31 - "differenziertes Retinoblastom" und 8331/31 - "gut differenziertes follikuläres Adenokarzinom". Zur Kodierung sollte die richtige Morphologie-Schlüsselnummer zusammen mit der korrekten Grading-Ziffer verwendet werden, wie in den obigen Beispielen gezeigt wurde.

Hämatopoetische Phänotypen

Die gleiche sechste Stelle dient bei den Leukämien und bei den Lymphomen der immunologischen Charakterisierung (Abbildung 22). Dies ist hilfreich beim Vergleich von Daten, die nach der dritten Ausgabe der ICD-O verschlüsselt wurden, mit solchen, die nach der zweiten Ausgabe der ICD-O verschlüsselt wurden. Im Abschnitt "Lymphome" (3.13) wurde bereits gesagt, dass in der dritten Ausgabe der ICD-O die immunologische Typisierung im vierstelligen histologischen Kode enthalten ist, weswegen es einer zusätzlichen Angabe an der sechsten Stelle nicht unbedingt bedarf. Dennoch können Krebsregister bei Bedarf die zusätzliche Stelle verwenden, um die Fälle zu kennzeichnen, in denen die Diagnose durch immunophänotypische Untersuchungen gestützt wird. In diesen Fällen hat die Kodierung der Immunophänotypisierung Vorrang vor anderen diagnostischen Angaben und vor der Angabe des Differenzierungsgrades, wie "gut differenziert" oder "Grad III".

Abb. 22: 6. Stelle der Morphologie-Schlüsselnummer zur Bezeichnung des Immunophänotyps bei Lymphomen und Leukämien
Kode Bezeichnung des Immunophänotyps
5 T-zellig
6 B-zellig
Prä-B
B-Vorläufer
7 Null-zellig
Nicht-T-nicht-B
8 NK-zellig
Natürliche Killerzellen
9 Zelltyp nicht bestimmt, nicht angegeben oder entfällt

4.3.5. Lokalisationsspezifische morphologische Begriffe und Hinweise zur Lokalisation

REGEL H: Wenn in der angegebenen Diagnose keine Lokalisation genannt ist, so soll der im Kode angegebene Hinweis zur Lokalisation Anwendung finden. Diese Ortsangabe soll nicht angewendet werden, wenn bekannt ist, dass die Neoplasie an einer anderen Stelle entstanden ist.

Manche Bezeichnungen von Neoplasien beinhalten Lokalisationsangaben oder bestimmte Gewebebezeichnungen. Einige Beispiele werden in Abbildung 23 genannt. Um die Verschlüsselung hier zu erleichtern, wurde sowohl in der numerischen Liste als auch im Alphabetischen Verzeichnis diesen Bezeichnungen in Klammern eine Ortsangabe angefügt. Erscheint diese Ortsangabe als 3-Steller in der Überschrift, so sind die jeweiligen untergeordneten 4-Steller mit eingeschlossen.

Bei "Basalzellkarzinom" (Abbildung 23) steht die Topographie-Schlüsselnummer der Haut (C44.-). Die vierte Stelle bleibt offen. Der Bindestrich (-) verweist auf die Existenz von Schlüsselnummern zur weiteren Differenzierung der Lokalisationsangabe. Die vierte Stelle muss in einem solchen Falle entsprechend hinzugefügt werden.

Zum Kodieren der spezifischen Lokalisation wird auf das alphabetische Verzeichnis und auf die numerische Liste verwiesen. Ein Basalzellkarzinom des Gesichtes erhält die topographische Schlüsselnummer C44.3 (Haut sonstiger und nicht näher bezeichneter Teile des Gesichtes); am Arm wäre es die C44.6 (Haut der oberen Extremität und der Schulter). In gleicher Weise bleibt die vierte Stelle der für das "Meningeom" angegebenen Topographie-Schlüsselnummer (C70.-) offen, da die Hirnhäute (C70.0), die Rückenmarkhäute (C70.1) oder die "Meningen o.n.A." (C70.9) befallen sein können.

Wenn im Befund - in der Diagnose - keine Lokalisation angegeben ist, so sind die in Klammern hinter den histologischen Schlüsselnummern angegebenen Lokalisationsangaben zu verwenden. Vielen morphologischen Begriffen ist keine Lokalisationsangabe beigefügt, weil diese Neoplasien in verschiedenen Organen und an unterschiedlichen Stellen entstehen können. Dem "Adenokarzinom o.n.A." wurde beispielsweise aus diesem Grunde kein Lokalisationshinweis angefügt.

Die in der Diagnose angegebene Lokalisation weicht möglicherweise vom Vorschlag hinter der histologischen Schlüsselnummer ab. Ein Basalzellkarzinom kann zum Beispiel nicht nur in der Haut entstehen.

Die üblicherweise zutreffenden Ortsangaben werden in Klammern hinter den morphologischen Begriffen von solchen Neoplasien angegeben, die normalerweise an einer definierten Stelle oder in einem bestimmten Gewebe entstehen wie z.B. das Retinoblastom (C69.2).

Die in der Diagnose angegebene Lokalisation des Primärtumors hat bei der Verschlüsselung Vorrang vor der in der ICD-O vorgeschlagenen. Beispielsweise ist die C50.- (Brust [Mamma]) hinter dem morphologischen Terminus "invasives duktales Karzinom o.n.A." angegeben, weil dieser Begriff üblicherweise ein Karzinom der Brust beschreibt. Sofern aber "invasives duktales Karzinom" für einen Primärtumor der Bauchspeicheldrüse verwendet wird, sollte zur Kodierung die Topographie-Schlüsselnummer "Brust" ignoriert werden und stattdessen die zutreffende Schlüsselnummer C25.9 (Pankreas o.n.A.) eingesetzt werden.

Abb. 23: Beispiele für morphologische Begriffe, die einer Lokalisation zugeordnet sind
Morphologie Topographie nach ICD-O
Kode Begriff Üblicher
primärer Sitz
Anderer
primärer Sitz
9510/3 Retinoblastom C69.2 Retina -
8170/3 Hepatozelluläres Karzinom C22.0 Leber -
8090/3 Basalzellkarzinom C44.- Haut C51.- Vulva
C60.- Penis
C63.2 Skrotum
C61.9 Prostata
9530/0 Meningeom C70.- Hirnhäute -
938-948 Gliome C71.- Gehirn C72.0 Rückenmark
8500/3 Invasives duktales Karzinom o.n.A. C50.- Brust C07.9 Parotis
C08.- Große Speicheldrüsen
C25.- Pankreas
C61.9 Prostata
8470/3 Muzinöses Zystadenokarzinom o.n.A. C56.9 Ovar C25.- Pankreas
C34.- Lunge

Es sei nochmals daran erinnert, dass die hinter den morphologischen Begriffen angegebenen Lokalisationen einen Vorschlag unter Berücksichtigung der üblicherweise vorkommenden Primärlokalisation darstellen. Ein ungewöhnliches, aber mögliches Beispiel wäre das Osteosarkom der Niere. Hier würde die C64.9 (Niere o.n.A.) statt des vorgeschlagenen C41.9 (Knochen o.n.A.) stehen. Die Nierenmetastase eines Osteosarkomes würde mit C41.9 (Knochen) 9180/3 für den Primärtumor verschlüsselt werden.

Pseudotopographische morphologische Bezeichnungen

Die Bezeichnungen einiger Neoplasien weisen auf einen bestimmten Tumorsitz hin, der aber nicht unbedingt der tatsächlichen Lokalisation entspricht. Das "Gallengangskarzinom" (8160/3) ist eine spezielle Form einer Neoplasie der intrahepatischen (C22.1) und extrahepatischen (C24.0) Gallengänge. Deswegen kann nicht einfach mit C24.0 verschlüsselt werden.

Neoplasien der kleinen Speicheldrüsen gibt es in der gesamten Mundhöhle und in den angrenzenden Organen. Zu ihnen zählen zahlreiche histologische Typen, wie das "Adenoid-zystische Karzinom", der "Maligne Mischtumor" und das "Adenokarzinom o.n.A.". Deswegen gibt es keine eigene Morphologie-Schlüsselnummer für "Karzinom der kleinen Speicheldrüsen". Da davon ausgegangen wird, dass alle Adenokarzinome des Mundes und der Mundhöhle von den kleinen Speicheldrüsen ausgehen, sollten in einer Diagnose wie "Adenoid-zystisches Karzinom der kleinen Speicheldrüsen des harten Gaumens" die Wörter "... der kleinen Speicheldrüsen ..." ignoriert werden. In diesem Falle sollte das "Adenoid-zystische Adenokarzinom" (8200/3) der Lokalisation "harter Gaumen" (C05.0) zugeordnet werden. Fehlt in einer Diagnose wie "Adenokarzinom der kleinen Speicheldrüsen" die Angabe zur Primärlokalisation, dann sollte mit C06.9, für die Mundhöhle, verschlüsselt werden, da hier die "kleinen Speicheldrüsen o.n.A." miteingeschlossen sind.

4.3.6. Keine REGEL "I"

Es gibt mit Absicht keine Regel "I" . Die Regeln der ICD-O-2 waren numerisch gelistet. Die Regeln der ICD-O-3 sind alphabetisch gelistet. Die Herausgeber der ICD-O-3 sahen es als notwendig an, keine Regel "I" in die ICD-O-3 einzuführen, um jegliche Verwechslungsmöglichkeit zwischen der 1 (Ziffer eins) und dem "I" (Buchstabe "i") zu vermeiden, die es ansonsten zwischen Regel 1 (eins) in der ICD-O-2 und Regel "I" (Buchstabe "i") der ICD-O-3 möglicherweise gegeben hätte.

4.3.7. Zusammengesetzte morphologische Bezeichnungen

REGEL J: Ändere die Reihenfolge der Wortstämme, wenn sich der ursprüngliche Terminus in der ICD-O nicht finden lässt.

Einige Neoplasien zeigen ein histologisches Mischbild. Die häufigsten Kombinationen sind in der ICD-O aufgeführt, wie zum Beispiel das "adenosquamöse Karzinom" (8560/3), das "papilläre Schilddrüsenkarzinom, follikuläre Variante" (8340/3) oder das "basosquamöse Karzinom" (8094/3).

In der ICD-O findet sich z.B. unter 8811/3 der Begriff "Fibromyxosarkom", aber "Myxofibrosarkom" wird nicht genannt. Beide Begriffe bedeuten das gleiche, nur die Wortstämme sind in ihrer Reihenfolge vertauscht worden. Beide sollten also mit 8811/3 verschlüsselt werden.

Es war nicht möglich, alle Kombinationen und Permutationen solcher zusammengesetzten Begriffe aufzuführen. Bei der Verschlüsselung muss gegebenenfalls nach Permutationen der Teile einer gegebenen Diagnose gesucht werden, wenn die gesuchte Bezeichnung in der ursprünglichen Formulierung nicht zu finden ist.

4.3.8. Verschlüsselung einer Diagnose mit mehreren morphologischen Bezeichnungen

REGEL K: Wenn eine einzelne Schlüsselnummer zur Wiedergabe der Diagnose einer Neoplasie nicht ausreicht und die zur Diagnose verwendeten Beiwörter die Wahl zwischen zwei Schlüsselnummern offenlassen, so soll die numerisch größere Schlüsselnummer verwendet werden.

Wenn eine Neoplasie mit zwei modifizierenden Beiwörtern beschrieben wird und diesen jeweils eine andere Schlüsselnummer zugeordnet ist, besteht eine weitere Hürde zur richtigen Kodierung. Ein Beispiel stellt das "Übergangszell-Epidermoidkarzinom" dar. Hier werden nicht zwei verschiedene Karzinome beschrieben, sondern eine einzelne Neoplasie, die Elemente beider Zelltypen enthält.

"Übergangszellkarzinom o.n.A." wird mit 8120/3 verschlüsselt, "Epidermoidkarzinom o.n.A." mit 8070/3. Wenn es für die jeweilige Begriffskombination keine eigene Schlüsselnummer gibt, soll die numerisch größere Schlüsselnummer verwendet werden, hier 8120/3, da sie normalerweise spezifischer ist.

4.4. Multiple Primärtumoren

Bei multiplen Neoplasien können diverse Problemen bei der Kodierung auftreten:

  1. zwei oder mehr Primärtumoren an unterschiedlicher Lokalisation
  2. Erkrankungen, charakterisiert durch das Auftreten multipler Neoplasien
  3. Lymphome, die zum Zeitpunkt der Diagnosestellung mehrere Lymphknoten oder Organe befallen haben
  4. zwei oder mehr Primärtumoren unterschiedlichen histologischen Typs an der gleichen Lokalisation
  5. mehr als ein Tumor gleichen histologischen Typs an unterschiedlichen Lokalisationen, deren Primärlokalisation nicht ermittelt werden kann.

Der Begriff "multiple Neoplasien" ist unterschiedlich definiert. Lösungen für alle hieraus resultierenden Probleme können hier nicht angegeben werden.

Durch eine Arbeitsgruppe der IARC wurden im Jahr 1995 Definitionsempfehlungen für multiple Neoplasien formuliert. Damit soll die internationale Vergleichbarkeit der Inzidenzen gesichert werden. Die Empfehlungen wurden im Jahr 2000 revidiert (s. www.iacr.com.fr/multprim.pdf). Im Anschluss an die ursprüngliche Veröffentlichung der dritten Ausgabe der ICD-O wurden die IARC/IACR-Richtlinien 2004 (28) erneut aktualisiert und hier aufgenommen:

  1. Die Anerkennung der Existenz zweier oder mehrerer Primärtumoren ist nicht vom Zeitpunkt der Diagnosestellung abhängig.
  2. Ein maligner Primärtumor entsteht an einer definierten Lokalisation in einem bestimmten Gewebe. Ein Infiltrat der Umgebung, ein Rezidiv oder eine Metastase zählen nicht dazu

  3. Nur eine einzige Neoplasie soll als Primärtumor in einem Organ, Organpaar oder Gewebe akzeptiert werden.
    Bestimmte Gruppen topographischer Schlüsselnummern werden in Hinblick auf die Definition multipler Neoplasien als jeweils ein Organ betrachtet. Diese Gruppen sind in Abbildung 24 genannt. Multifokale Neoplasien, also einzelne Zellhaufen ohne Verbindung zu anderen Primärtumoren, die an der gleichen Lokalisation oder im gleichen Gewebe entstehen, wie z.B. in der Blase, werden als eine einzelne Neoplasie gewertet.

  4. Regel 3 gilt nicht in zwei Fällen:

    1. a) Maligne systemische Neoplasien (oder multizentrische maligne Neoplasien), die mehrere Organe befallen können, werden nur einmal pro Person gezählt. Dazu zählen Karposisarkome (Gruppe 15 in Abbildung 25) und Tumore des hämatopoetischen Systems (Gruppen 8-14 in Abbildung 25).
    2. b) Neoplasien mit unterschiedlicher Histologie sollten als multiple Karzinome angesehen werden (auch wenn sie gleichzeitig an derselben Lokalisation diagnostiziert werden). Falls die histologischen Diagnosen in dieselbe Kategorie in Abbildung 25 fallen und an derselben Stelle auftreten, werden sie für die Zwecke der Zählung von multiplen Primärtumoren als zur selben Histologie zugehörig angesehen. Falls die histologischen Diagnosen in zwei oder mehr Kategorien entsprechend Abbildung 25 fallen, wird die Histologie als unterschiedlich angesehen, selbst wenn sie dieselbe Lokalisation betreffen, und es werden zwei oder mehr Fälle gezählt. Einzelne Tumoren, die mehrere Histologien aufweisen, welche in eine histologische Gruppe in Abbildung 25 fallen, werden als ein Fall registriert, unter Verwendung des numerisch höchsten ICD-O-Morphologie-Kodes. Wenn hingegen eine Histologie "nicht spezifisch" ist (Gruppen (5), (17) und (20)) und eine andere "spezifische" Histologie vorliegt, sollte der Fall mit der "spezifischen" Histologie gemeldet werden, die unspezifische Diagnose sollte ignoriert werden.
Abb. 24: Topographie-Gruppen, die in Bezug auf die Definition multipler maligner Neoplasien als eine Lokalisation angesehen werden - aktualisiert
ICD-O-2/3 Kode Bezeichnung Falls Diagnosestellung zu unterschiedlichen Zeiten, kodiere entsprechend der ersten Diagnose. Falls Diagnosestellung zum selben Zeitpunkt, verwende unten angegebene Kodes.
C01 Zungengrund C02.9
C02 Sonstige und nicht näher bezeichnete Teile der Zunge
C00 Lippe C06.9
C03 Zahnfleisch
C04 Mundboden
C05 Gaumen
C06 Sonstige und nicht näher bezeichnete Teile des Mundes
C09 Tonsille C14.0
C10 Oropharynx
C12 Recessus piriformis
C13 Hypopharynx
C14 Sonstiger oder mangelhaft bezeichneter Sitz an Lippe, Mundhöhle und Pharynx
C19 Rektosigmoid, Übergang C20.9
C20 Rektum
C23 Gallenblase C24.9
C24 Sonstige und nicht näher bezeichnete Teile der Gallenwege
C33 Trachea C34.9
C34 Bronchien und Lunge
C40 Knochen und Gelenkknorpel der Extremitäten C41.9
C41 Knochen und Gelenkknorpel sonstiger und nicht näher bezeichneter Lokalisationen
C65 Nierenbecken C68.9
C66 Ureter
C67 Harnblase
C68 Sonstige und nicht näher bezeichnete Teile des Harntraktes
Abb. 25: Gruppen maligner Neoplasien, die in Bezug auf die Definition multipler maligner Neoplasien als "unterschiedlich" angesehen werden (modifiziert, nach Berg, JW. Morphologic classification of human cancer) (29)
Nr. Gruppe ICD-O-3 Morphologiekodes
unbesetzt >  Karzinome unbesetzt 
1. Platten- und Übergangsepithelkarzinome 8051-8086, 8120-8131
2. Basalzellkarzinome 8090-8110
3. Adenokarzinome 8140-8149, 8160-8163, 8190-8221, 8250-8552, 8570-8576, 8940-8941, 9110
4. Andere näher bezeichnete Karzinome 8023, 8030-8046, 8150-8158, 8170-8180, 8230-8249, 8560-8562, 8580-8589
(5.) Nicht näher bezeichnete Karzinome (o.n.A.) 8010-8015, 8020-8022, 8050
6. Sarkome und Weichteil-Tumoren 8680-8714, 8800-8921, 8930-8936, 8990-8992, 9040-9045, 9120-9125, 9130-9138, 9141-9252, 9370-9373, 9540-9582
7. Mesotheliom 9050-9055
unbesetzt  Neoplasien des hämatopoetischen und lymphatischen Gewebes unbesetzt
8. Myeloische Leukämien 9840, 9860-9931, 9945-9946, 9950, 9960-9964, 9966, 9975, 9980-9989, 9993
9. B-Zell-Neoplasien 9597, 9671-9699, 9712, 9731-9738, 9761-9767, 9769, 9811-9819, 9823, 9833, 9836, 9940
10. T-Zell und NK-Zell-Neoplasien 9700-9709, 9714-9719, 9724-9726, 9768, 9827-9831, 9834, 9837, 9948
11. Hodgkin Lymphome 9650-9667
12. Neoplasien der Mastzellen 9740-9742
13. Neoplasien der Histiozyten und akzessorischer lymphoider Zellen 9749, 9750-9759
(14.) Nicht näher bezeichneter Typ 9590-9591, 9596, 9727, 9760, 9800-9801, 9805-9809, 9820, 9832, 9835, 9965, 9967-9968, 9970-9971
15. Kaposi-Sarkom 9140
16. Andere näher bezeichnete maligne Neoplasien 8590-8671, 8720-8790, 8950-8983, 9000-9030, 9060-9105, 9260-9365, 9380-9539
(17.) Nicht näher bezeichnete maligne Neoplasien 8000-8005

Die Register wenden unterschiedliche Regelungen an, jedoch müssen sich alle länderspezifischen Regelungen innerhalb der internationalen Regeln für multiple maligne Neoplasien bewegen, um in internationale Datenvergleiche wie Cancer in Five Continents (30) einbezogen zu werden. In den Vereinigten Staaten von Amerika folgen alle Register den Regeln des Surveillance, Epidemiology and End-Results (SEER) Program (31). Das SEER berücksichtigt den Zeitpunkt des Auftretens der Neoplasie und sieht die Abschnitte des Kolons als eigenständige Lokalisation an. Die IARC hingegen betrachtet das Kolon als eine einzige Lokalisation. Im Bereich der Histologie hat das SEER lokalisationsbezogene Regeln für das Zählen von Morphologietypen als an einer Lokalisation auftretende gesonderte maligne Neoplasie, während die Richtlinien der IARC die weiter gefassten Gruppen aus Abbildung 25 vorsehen, um eine "unterschiedliche" maligne Neoplasie zu definieren. Die Regelungen für solide Tumore und hämatopoetische Neoplasien in Bezug auf "unterschiedliche" maligne Neoplasien enthalten mehr als 100 Seiten an Instruktionen zur Bestimmung und Kodierung meldepflichtiger Neoplasien.

Jedes Register muss selbst entscheiden, nach welchen Regeln multiple Neoplasien behandelt werden sollen. Die angewendeten Konventionen sollen bei der Darstellung der Daten angegeben werden.

4.5. Sicherheit der Diagnose

In der ersten Ausgabe der ICD-O war die Schlüsselnummer 9990/- für die Diagnosen vorgesehen, für die keine mikroskopische Bestätigung vorlag. Da sie von den meisten Registern nicht verwendet wurde, hat man sie entfernt. Bei etlichen Neoplasien ist es auch ohne histologische Untersuchung möglich, eine einigermaßen sichere Aussage zur Morphologie zu treffen (z.B. beim Retinoblastom oder beim Kaposi-Sarkom). Es wird daher empfohlen, dass eine unabhängig vom morphologischen Kode eingesetzte Variable für die Aufzeichnung der "Diagnosesicherheit" verwendet wird.

Es sind verschiedene System zur Angabe der Diagnosesicherheit in Gebrauch. Die IARC (32) und die IACR empfehlen hierfür die Verwendung des Systems, das in Abbildung 26 gezeigt wird.

Dieses Verschlüsselungsschema erlaubt auch die Unterscheidung der Neoplasien, die anhand der Histologie einer Metastase diagnostiziert wurden, von denen, die anhand der histologischen Untersuchung des primären Sitzes diagnostiziert wurden. Dadurch wird die Verwendung der Dignitätsziffer /6 (und /9) in den Krebsregistern überflüssig (vgl. Diskussion des biologischen Verhaltens im Abschnitt 4.3.2 - 4.3.3).

In den Vereinigten Staaten von Amerika verwenden die meisten Register den "diagnostic confirmation"-Schlüssel der North American Association of Cancer Registries (33), der zwischen mikroskopisch-, zytologisch-, radiologisch- und klinisch-basierter Diagnose unterscheidet.

Abb. 26: Schlüssel für die Diagnosesicherheit nach IARC-IACR
Kode Maßnahme Beschreibung Kriterien
0 - Nur Totenschein Die Information stammt von einem Totenschein
1 Nicht mikroskopisch Klinisch Die Diagnose wurde vor dem Tode gestellt, jedoch ohne die folgenden Maßnahmen (Schlüsselnummern 2-7).
2 Klinische Diagnostik Alle Untersuchungstechniken, einschließlich Röntgen, Endoskopie, bildgebender Verfahren, Ultraschall, explorativer Eingriffe (wie Laparotomie) und Autopsie, aber ohne Gewebsuntersuchung.
4 Spezifische Tumor-Marker Zusätzlich biochemische und/oder immunologische Marker, die für einen bestimmten Tumorsitz spezifisch sind.
5 Mikroskopisch Zytologie Untersuchung von Zellen aus einem primären oder sekundären Sitz, einschließlich der aus durch Endoskopie oder durch Punktion gewonnen Aspiraten; beinhaltet auch die mikroskopische Untersuchung peripheren Blutes und von Knochenmarkspunktaten.
6 Histologische Untersuchung einer Metastase Histologische Untersuchung des Gewebes aus einer Metastase, inklusive der Untersuchung von Proben aus einer Autopsie.
7 Histologische Untersuchung eines Primärtumors Histologische Untersuchung des Gewebes aus einem Primärtumor, gleich wie es gewonnen wurde; inklusive aller Schnitt-Techniken und Knochenmarksbiopsien; schließt auch die Untersuchung von Proben des Primärtumors aus einer Autopsie ein.
9 - Unbekannt -

4.6. Das WHO-Grading-System für Neoplasien des Zentralnervensystems und die Grading-Ziffern der ICD-O

Die WHO entwickelte 1993 eine Skala für die Malignität von Tumoren des Zentralnervensystems (34, 35). Neoplasien mit dem Grad I sind am wenigsten aggressiv, solche mit dem Grad IV sind am aggressivsten. Diese Angabe ist bei der Auswahl der richtigen histologischen Schlüsselnummer und der korrekten Dignitätsziffer der ICD-O hilfreich, wie in Abbildung 27 dargestellt wird. Diese Art des Grading besagt nicht das gleiche wie der Differenzierungsgrad und das Grading (6. Stelle) der ICD-O. Das WHO-Grading dient der Abschätzung der Prognose und dem Staging, wenn das Grading nicht von Pathologen angegeben wurde.

Abb. 27: WHO-Grading-System (Malignitätsskala) für Neoplasien des Zentralnervensystems (10)
Zu verschlüsselnde Neoplasie WHO-Grad ICD-O-Kode ICD-O
Behavior-Kode
(5. Stelle)
Astrozytäre Neoplasien (Astrozytom)
Subependymales Riesenzell-Astrozytom I 9384 1
Pilozytisches Astrozytom I 9421 1
Pilomyxoides Astrozytom II 9425 3
Diffuses Astrozytom II 9400 3
Pleomorphes Xanthoastrozytom II 9424 3
Anaplastisches Astrozytom III 9401 3
Glioblastom o.n.A. IV 9440 3
Riesenzelliges Glioblastom IV 9441 3
Gliosarkom IV 9442 3
Oligodendrogliome
Oligodrendrogliom o.n.A. II 9450 3
Anaplastisches Oligodrendrogliom III 9451 3
Oligogastrozytome
Oligoastrozytom o.n.A. II 9382 3
Anaplastisches Oligoastrozytom III 9382 3
Ependymale Neoplasien (Ependymom)
Subependymom I 9383 1
Myxopapilläres Ependymom I 9394 1
Ependymom o.n.A. II 9391 3
Anaplastisches Ependymom III 9392 3
Neoplasie der Plexus chorioidei
Papillom I 9390 0
Atypisches Plexus-chorioideus-Papillom II 9390 1
Karzinom III 9390 3
Andere neuroepitheliale Tumore
Angiozentrisches Gliom I 9431 1
Chordoides Gliom des 3. Ventrikels II 9444 1
Neuroepitheliomatöse Neoplasien
Gangliozytom I 9492 0
Gangliogliom I 9505 1
Anaplastisches Gangliogliom III 9505 3
Infantiles desmoplastisches Astrozytom I 9412 1
Dysembryoblastischer neuroepithelialer Tumor I 9413 0
Zentrales Neurozytom II 9506 1
Extraventrikuläres Neurozytom II 9506 1
Zerebelläres Liponeurozytom II 9506 1
Paragangliom des Rückenmarks I 8680 1
Papillärer glioneuronaler Tumor I 9509 1
Rosettenförmiger glioneuronaler Tumor I 9509 1
Pinealom
Pineozytom I 9361 1
Pinealis-Tumor mit intermediärer Differenzierung II-III 9362 3
Pineoblastom IV 9362 3
Papillärer Tumor der Pinealisloge II-III 9395 3
Embryonaltumore
Medulloblastom IV 9470 3
Primitiver neuroektodermaler Tumor (PNET) IV 9473 3
Atypischer teratoider/rhabdoider Tumor IV 9508 3
Tumore der kranialen und spinalen Nerven
Schwannom I 9560 0
Neurofibrom I 9540 0
Perineuriom I-III 9571 0, 3
Maligner peripherer Nervenscheidentumor (MPNST) II-IV 9540 3
Neoplasien der Meningen
Meningeom o.n.A. I 9530 0
Atypisches Meningeom II 9539 1
Anaplastisches (malignes) Meningeom III 9530 3
Papilläres Meningeom III 9538 3
Hämangioperizytom o.n.A. II 9150 1
Anaplastisches Hämangioperizytom III 9150 3
Hämangioblastom I 9161 1
Tumore der Sellaregion
Kraniopharyngeom I 9350 1
Granularzelltumor der Neurohypophyse I 9582 0
Pituizytom I 9432 1
Spindelzellonkozytom der Adenohypophyse I 8290 0

Bei der Verwendung der an der 6. Stelle in der ICD-O anzugebenden Grad/Differenzierungs-Ziffer bei Neoplasien des Zentralnervensystems, soll bei der Kodierung bevorzugt auf die in der Diagnose angegebenen Begriffe - wie "low grade" oder "anaplastisch" - geachtet werden und weniger auf den genannten WHO-Grad. In vielen Fällen wird sich keine verbale Beschreibung des Grades finden, so dass diese Fälle mit dem ICD-O-Grad 9 verschlüsselt werden müssen. Zudem sind für "benigne" (/0) und für "unsicheres oder unbekanntes Verhalten" (/1) im ICD-O-Grading keine Schlüsselnummern zugeordnet. Wenn benigne und unsichere Fälle ins Register aufgenommen werden sollen, muss an der sechsten Stelle in der ICD-O eine 9 stehen.

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