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ICD-O-3 Zweite Revision

1. Einleitung

Die International Classification of Diseases for Oncology (ICD-O) (1) wurde nahezu 35 Jahre lang überwiegend nur in Tumor- oder Krebsregistern verwendet, um die Lokalisation (Topographie) und das histologische Bild (Morphologie) einer Neoplasie zu beschreiben. Diese Informationen wurden normalerweise einem pathologischen Befundbericht entnommen.

In Übereinkunft mit dem College of American Pathologists wurde der Abschnitt "Morphologie" der ICD-O in die Systematized Nomenclature of Medicine (SNOMED) (2, 3) als Kapitel "Neoplasien" in die Achse "Morphologie" eingefügt.

Die ICD-O, 2. Ausgabe (4), bearbeitet von Constance Percy, Valerie van Holten und Calum Muir, wurde 1990 herausgegeben. Gegenüber dieser zweiten Ausgabe, deren Abschnitt zur Topographie auf dem Kapitel Neoplasien der ICD-10 (5) basierte, hat sich im Abschnitt Topographie der dritten Ausgabe nichts geändert. Das Kapitel Morphologie wurde jedoch überarbeitet. Es wurden neue Klassifikationen speziell im Bereich der Lymphome und Leukämien eingearbeitet und neue Schlüsselnummern hierfür geschaffen. So wurde vor einigen Jahren die Revised-European-American-Lymphoma(REAL)-Klassifikation (6) für Non-Hodgkin-Lymphome eingeführt; hierfür wurden entsprechende ICD-O-Schlüsselnummern für die Dokumentation benötigt. Auch die Begriffe der French-American-British(FAB)-Systematik (7) für Leukämien wurden hinzugefügt. Als die ICD-O-Arbeitsgruppe 1998 zusammentraf, sollten eigentlich nur diese beiden Bereiche überarbeitet werden, aber man entschloss sich letztendlich, das ganze Buch zu überarbeiten. Die dritte Ausgabe des Kapitels Morphologie der ICD-O wurde 1999 im praktischen Einsatz getestet. Wir danken den Registern aus der ganzen Welt für ihre Kommentare zum Inhalt dieser Ausgabe.

Obwohl es eines der wichtigsten Ziele der Herausgeber war, möglichst wenige Bereiche zu verändern, neue Begriffe in freien Bereichen einzufügen und keine bereits vergebenen Schlüsselnummern wiederzuverwenden, war das nicht immer möglich. Um die Gruppen mit gleichen Entitäten zu erhalten, mussten einige Begriffe umkodiert werden.

Des Weiteren ist wegen des zur Verfügung stehenden begrenzten Nummernkreises die Reihenfolge oder die Gruppierung mancher Begriffe nicht immer ganz logisch.

Bei der Entwicklung der gegenwärtigen und der vorangegangenen Ausgaben der ICD-O wurde ein erheblicher Aufwand getrieben, jene Nomenklatur zu verwenden, die in der Serie "International Histological Classification of Tumours" der Weltgesundheitsorganisation (WHO "Blue Books") (8) beschrieben wird. Dieses Werk beschreibt die wesentlichen Krebsarten und nennt für die jeweilige Neoplasie die Morphologie-Schlüsselnummer der ICD-O.

Am Ende dieses Buches werden die seit der letzten Ausgabe neu hinzugekommenen morphologischen Begriffe aufgeführt. Die refraktäre Anämie und andere myelodysplastische Syndrome werden nun als maligne angesehen; ihre Dignitätsziffer wurde daher von "/1" (fragliche Dignität) auf "/3" (maligne, Primärtumor) geändert. Ovariale Zystadenome mit Borderline-Malignität, in der zweiten Ausgabe der ICD-O als maligne kodiert, erhalten in der dritten Ausgabe "/1". Um in longitudinalen Datenbanken die Konsistenz sicherzustellen, wird empfohlen, entweder alle ovarialen Zystadenome mit Borderline-Malignität auf "/1" umzuschlüsseln oder sie aus der Datenbank zu entfernen.

Seit der Veröffentlichung der dritten Ausgabe der ICD-O im Jahr 2000 wurde die Aktualisierung der Blue-Book-Reihe fortgeführt. Während der Entwicklung der vierten Ausgabe der Blue-Book-Reihe arbeiteten die Autoren der Kapitel mit der International Agency for Research on Cancer/International Classification of Diseases for Oncology Committee (IARC/ICD-O) for ICD-O-3 zusammen, um aktuell identifizierte Neoplasien zu begutachten und Morphologieschlüsselnummern zuzuordnen. Die vorliegende aktualisierte Version der ICD-O-3 enthält neue Entitäten, Kodes, Synonyme, Inklusiva, Morphologie-Schlüsselnummern und Änderungen von Dignitätsziffern der Blue Books, veröffentlicht zwischen 2007 und 2010, von Tumoren des hämatopoetischen und lymphatischen Systems (9), des Zentralnervensystems (10) und des Verdauungssystems (11). Anhang 7 dieser aktualisierten Ausgabe ist eine Zusammenfassung von Begriffs- und Kodeänderungen im Vergleich zur ursprünglich veröffentlichten ICD-O-3.

1.1 Historischer Rückblick

Seit 1893 gibt es eine internationale Klassifikation für die Kodierung der Todesursachen. Als mit den Vereinten Nationen nach dem zweiten Weltkrieg auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegründet wurde, übernahmen beide die Veröffentlichung dieser Klassifikationen (die Abbildung 1 zeigt den Stammbaum der ICD-O). Die sechste überarbeitete Revision der International Statistical Classification of Diseases, Injuries and Causes of Death (ICD) (12) wurde 1948 veröffentlicht. Bald schon wurde der Schlüssel nicht nur zur Verschlüsselung der Todesursachen sondern auch zur Morbiditätsverschlüsselung eingesetzt.

Stammbaum der ICD-O

In den Anfängen einer Nomenklatur und der Kodierung von Neoplasien (50er und 60er Jahre) waren die verschiedenen durch die WHO veröffentlichten Revisionen der ICD die überwiegend verwendeten Schlüssel für Krankheiten. Gelegentlich wurden mit der ICD zwecks Speicherung und Suche auch Diagnosen aus Krankenakten verschlüsselt und in Listen zusammengestellt. Stets war das Kapitel II der ICD für die Neoplasien bestimmt.

Seit der Publikation der sechsten überarbeiteten Revision der ICD 1948 basierte die Klassifikation der Neoplasien primär auf der Lokalisation und der Dignität ("maligne", "benigne" oder "ohne nähere Angaben"). Mit Ausnahme der lymphatischen und hämatopoetischen Neoplasien, des Chorionkarzinomes, des Melanomes und gewisser benigner Neoplasien gab es keine Kodierung histologischer Typen.

Das erste Handbuch zur Kodierung der Morphologie der Neoplasien wurde von der American Cancer Society (ACS) 1951 unter dem Titel Manual of Tumor Nomenclature and Coding (MOTNAC) (13) herausgegeben. Es basierte auf einer zweistelligen Schlüsselnummer zur Beschreibung der Morphologie und einer dritten Stelle, die das Tumorverhalten beschrieb. Auf diesem fußte der statistische Kode, der 1956 von der WHO für die Tumormorphologie vorgeschlagen wurde.

In den 60er Jahren beschloss das College of American Pathologists (CAP), eine Klassifikation für alle Termini der Pathologie zu entwickeln. Mit Unterstützung durch die ACS veröffentlichte das CAP die Systematized Nomenclature of Pathology (SNOP) (14). SNOP verfügte über einen Morphologie-Kode, der in zwei Abschnitten (8, 12) auch Neoplasien beschrieb. Des Weiteren enthielt er einen ganz neuen und sehr detaillierten topographischen Kode, der den ganzen Körper abdeckte. Es wurde vereinbart, dass die ACS die Morphologie-Abschnitte 8 und 9 des SNOP verwenden und mit ihren eigenen Topographie-Kodes zusammen veröffentlichen durfte. Da die Krebsregister zur Beschreibung der Lokalisation stets den Abschnitt über die malignen Neoplasien der ICD verwendet hatten, basierte die topographische Verschlüsselung des ACS auf eben diesem Abschnitt der ICD-8. Es erschien 1968 (15) eine neue Ausgabe des MOTNAC, die in den Krebsregistern weite Verbreitung fand.

Die WHO bat 1968 die International Agency for Research on Cancer (IARC), gemeinsam mit der Krebs- und mit der ICD-Abteilung der WHO und in Absprache mit diversen nationalen Gesellschaften Vorschläge zum Inhalt und zur Struktur des Kapitels "Neoplasien" der ICD-9 zu erarbeiten. Von ärztlicher Seite war eine Ergänzung im Tumorbereich mit Einschluss der Morphologie gewünscht worden. Weltweit machten Berater Vorschläge zum Abschnitt "Neoplasien" der ICD-9. Sie unterstrichen die Notwendigkeit, die Morphologie beziehungsweise die Histologie von Tumoren zu verschlüsseln. Sie empfahlen, die Ausgabe des MOTNAC von 1968 als Grundlage für den morphologischen (histologischen) Abschnitt zu verwenden, da dessen morphologischer Teil auf dem Bereich "Neoplasien" des im Jahre 1965 vom CAP veröffentlichten SNOP basierte. Zudem erfreute sich der MOTNAC einer breiten Akzeptanz und war in zahlreiche Sprachen übersetzt worden.

Arbeitsgruppen für die ICD-9 empfahlen ebenfalls, die Morphologie eines Tumors aufzuzeichnen und zu kodieren. Die Onkologen hatten im Laufe der Zeit festgestellt, dass die alleinige Kenntnis der Tumor-Lokalisation weder für die Behandlungsplanung noch für Forschungszwecke ausreichte. Vom histologischen Typ hängen zum Beispiel Inzidenz und Überlebensrate ab.

Die Arbeitskreise empfahlen ferner, eine spezielle Ausgabe der ICD als International Classification of Diseases for Oncology (1) als Nachfolger des MOTNAC zu schaffen, um die von Onkologen benötigte feinere Gliederung zu ermöglichen. Diese Empfehlung wurde 1971 von einer Studiengruppe zur ICD bekräftigt, die von der WHO 1971 zusammengerufen wurde.

Nach Prüfung mehrerer Alternativen fiel die Wahl auf die so erfolgreiche Ausgabe des MOTNAC von 1968. Im Jahr 1976 gab die WHO die erste Ausgabe der International Classification of Diseases for Oncology heraus. Deren topographischer Teil basierte auf dem Bereich "maligne Neoplasien" der ICD-9 und deren morphologischer Teil entsprach dem um eine Stelle erweiterten morphologischen Abschnitt des MOTNAC. Das CAP übernahm den Morphologie-Abschnitt der ICD-O für seine überarbeitete Version des SNOP, die nun in Systematized Nomenclature of Medicine (SNOMED) umbenannt wurde. Der topographische Teil der SNOMED unterschied sich jedoch weiterhin völlig von der ICD-O. Einige morphologische Begriffe der SNOMED für nichtneoplastische tumorähnliche Veränderungen (tumor-like lesions) und für Präkanzerosen werden im Anhang der ICD-O aufgeführt, um dem Benutzer zu helfen, diese von echten Neoplasien zu unterscheiden. Die SNOMED-Schlüsselnummern werden hier wegen der kontinuierlichen Änderungen und ihrer Veröffentlichung im Internet nicht mehr mit angegeben. Der ICD-O-Nutzer soll einfach nur erkennen, dass es sich nicht um eine Neoplasie handelt, wenn sich ein Begriff im genannten Anhang befindet.

Die zweite Ausgabe der ICD-O wurde von einer WHO/IARC-Arbeitsgruppe entwickelt und von Constance Percy, Valerie van Holten sowie von Calum Muir bearbeitet. 1990 wurde sie von der WHO zum Einsatz in Krebsregistern, in der Pathologie und zur Verwendung in sonstigen auf Krebs spezialisierten Abteilungen herausgegeben.

Es handelt sich hierbei um eine duale Klassifikation und ein Kodiersystem, welche sowohl die Topographie als auch die Morphologie beinhalten. Der topographische Teil verwendet die gleichen drei- und vierstelligen Schlüsselnummern wie das Kapitel "Bösartige Neubildungen" der ICD-10 (C00-C80). Dadurch kann die Lokalisation benigner Neoplasien genauer als in der ICD-10 beschrieben werden. Die zweite Ausgabe der ICD-O erfreute sich großer Verbreitung in der ganzen Welt. Sie wurde in viele Sprachen übersetzt, darunter Chinesisch, Deutsch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Niederländisch, Portugiesisch, Rumänisch, Slowakisch, Spanisch, Tschechisch und Türkisch.

Die hier vorliegende dritte Ausgabe der ICD-O entwickelte eine Arbeitsgruppe, die von der WHO und der IARC zusammengestellt wurde. Der Morphologie-Kode wurde besonders im Bereich der Lymphome und der Leukämien überarbeitet. Er beinhaltet die WHO-Klassifikation (24, 25), die die REAL-Klassifikation wie auch die FAB-Einteilung der Leukämien (7) ersetzte. Die dritte Ausgabe umfasst zudem die WHO-Klassifikation der myeloischen Leukämie, in der auch spezielle Kombinationen von Morphologie und zytogenetischen Abnormitäten enthalten sind, wie beispielsweise 9875/3, chronische myeloische Leukämie, Philadelphia Chromosom positiv, die auch als chronische myeloische Leukämie, T(9;22) (q34;q11) oder als chronische myeloische Leukämie, BCR/ABL positiv bezeichnet wird.

1.1.1 Überleitungen

Überleitungstabellen von der dritten Ausgabe der ICD-O zu anderen Verschlüsselungssystemen werden von der WHO zur Verfügung gestellt werden. Die wichtigste und erste Überleitung, die zur ICD-10, wird sowohl als elektronisches Medium als auch in Buchform erhältlich sein. Es gibt, wie gesagt, im Bereich der Topographie keine Unterschiede zwischen der zweiten und der dritten Ausgabe der ICD-O. Die größten Veränderungen hat es im morphologischen Abschnitt bei den Lymphomen und bei den Leukämien gegeben.

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